Denn ich fresse nicht nur Jungfrauen!

Donnerstag, 21. September 2023

Rezension: He Who Drowned The World (The Radiant Emperor #2) von Shelley Parker-Chan

Was würdest du opfern, um dein Ziel zu erreichen? Unter diesem Motto steht der zweite Band der Radiant Emperor Duologie von Shelley Parker-Chan „He Who Drowned The World“.

Zhu hat sich zum Radiant King gekrönt und nennt sich nun Zhu Yuanzhang. Jetzt, da sie die Macht über die Red Turbans an sich gerissen hat, hat sie ihr Auge auf ihr Endziel gerichtet: den Kaiserthron, um ihn den mongolischen Besatzern zu entreißen. Doch sie ist nicht die einzige Partei im Rennen um den Thron. Sie setzt ihre Hoffnungen auf ihren einzigen Feind Ouyang, den sie in ein Bündnis zwingt, um so Macht über seine Armee zu erlangen. Mit dieser Streitmacht marschiert sie gen Dadu und ist bereit, alles dafür zu tun, um ihr Ziel zu erreichen. Wie viel sie dafür opfern muss, ist ihr allerdings nicht bewusst. Noch nicht.

Was ich so besonders an Zhu schätze, ist ihr schonungsloser Charakter. Sie hat ein Ziel vor Auge und ist bereit, alles dafür zu tun, um dieses Ziel zu erreichen. Es fing in ihrer Zeit im Kloster an, als sie einen der anderen Mönche für etwas anschwärzte, was er gar nicht getan hatte, um sich selbst zu schützen. Mittlerweile führt sie ganze Armeen. Entsprechend größer sind die Opfer, die sie zu bringen bereit ist, und sie schreckt auch nicht vor Menschenleben zurück.

Das macht Zhu definitiv nicht zu einem Menschen, mit dem ich persönlich Zeit verbringen wollen würde, aber davon zu lesen liebe ich! Strahlende Helden gibt es zur Genüge. Aber zu lesen, wie Zhu es trotzdem schafft, mit ihrem unbeugsamen Willen ihre Leute zum Beispiel dazu zu bringen, freiwillig zu ertrinken und dann wiederbelebt zu werden, ist unglaublich fesselnd.

Und dann ist da noch Ouyang, der den Mann ermordet hat, den er liebt, um seine Familie zu rächen. Er strebt ebenfalls danach, den Mongolenherrscher zu stürzen, um damit endgültig die Ermordung seiner gesamten Familie zu rächen, indem er die Mongolenherrschaft beendet. Das ist nun Ouyangs einziges Ziel in seinem Leben und er lebt sprichwörtlich, als gäbe es für ihn danach keinen Morgen mehr. Er prescht unbarmherzig voran und sein ganzes Wesen ist auf dieses Ziel ausgerichtet. Als er von Zhu gefangen genommen wird, und Zhu ihm seine Armee wegnimmt, treibt ihn das beinahe in den Wahnsinn. Um mit dem emotionalen Schmerz und Konflikt leben zu können, zumindest lang genug, um Dadu zu erreichen, geht Ouyang zu selbstverletzendem Verhalten über, das sehr bald schon suchtartige Züge annimmt. Darüber kann Zhu ihn jedoch kontrollieren, als sie lernt, ihm genau die Art Schmerz zuzufügen, nach der es ihn verlangt.

Ich liebe das frenemy trope, da es so wunderbare Spannungsfelder aufmacht. Auch wenn eins hier eher weniger von dem „Freunde“ Teil reden kann. Eher Verbündete wider Willen, weil Zhu Ouyang überzeugen kann, dass ihre Ziele sich decken und sie gemeinsam mehr Erfolg haben.

Wir wissen, wie die Geschichte ausgeht, da sie eine historische Vorlage hat (wenn auch recht frei interpretiert). Zhu Yuanzhang wird die Ming Dynastie gründen, das heißt, sie wird Erfolg haben. Also liegt der Spannungsbogen eher auf dem Weg dorthin, und es würde nicht weh tun, wenn Zhu auf eben diesem mit Blut getränkten Weg nicht sehr viel opfern muss, um ihr Ziel zu erreichen. Es gibt in dieser Reihe kein wirkliches Happy End für die Charaktere. Für Zhu und Ma ist es eher bittersüß, für viele andere endet es in einer Tragödie mit bösen Überraschungen. Ouyang hat mir förmlich das Herz herausgerissen. Er mag vielleicht Dadu erreicht haben, muss dort aber eine bitterböse Wahrheit erkennen.

Vieles von dem, was ich bereits an Band 1 so sehr gelobt habe, finde ich auch hier wieder. Ich persönlich hätte mir jedoch etwas mehr Zeit mit Ma erhofft. An manchen Stellen wirkten die Ereignisse auch zu sehr deus ex machina und machen eher den Eindruck, dass sie passieren, weil Shelley Parker-Chan es so wollte, und nicht, weil die Dinge sich so entwickeln. Eine kleine Schwäche gegenüber Teil 1, die aber dem Gesamtbild kaum Abbruch tut.

The Radiant Emperor ist mit diesem Band abgeschlossen. Shelley Parker-Chan hat damit bewiesen, dass they unglaublich gut schreiben kann. Their Stärke liegt vor allem in der unglaublich guten Introspektion der Charaktere. Besonders viel Freude hat mir auch die queere Betrachtung von Gender und Genderrollen bereitet. Damit ist ziemlich sicher, dass das nicht das letzte sein wird, das ich von Shelley Parker-Chan gelesen habe.

Mögliche Trigger

- Tod von Tieren
- Blut
- Tod, Mord, Gewalt an Menschen
- Krieg
- Verstümmelungen
- Selbstverletzendes Verhalten
- Queerfeindlichkeit, teils von Charakteren verinnerlicht

Werbung nach §6 TMG
Reiheninformation

Autor*in: Shelley Parker-Chan
Titel: He Who Drowned The World
Sprache: Englisch
Umschlagsillustration: Lucy Scholes
Reihe: Band 2
Seiten: 486
Originalpreis: £14.99
Verlag: Mantle
Genre: Historische Fantasy
ISBN: 978-1529043440
Erscheinungsjahr: 2023

Falls euch meine Arbeit gefällt, würde ich mich über einen kleinen Obolus bei BMC freuen :)


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