Das Leben eines Söldners ist einfach, mag man meinen. Er
dient dem Höchstbietenden und verkauft ihm sein Schwert. Einstmalige Feinde
können morgen schon der neue Auftraggeber sein. In »Rotes Gold«, dem Auftakt
seiner Schwertfeuer-Saga, zeigt uns Autor Robert Corvus, dass die Dinge nicht
immer so leicht sind.
Kester führt den Klingenrausch, eine der schlagkräftigsten
Söldnerlegionen, seit Jahren von einer ruhmreichen Schlacht in die nächste.
Doch seine Stunde hat geschlagen, er wird ermordet. Der Klingenrausch droht zu
zerbrechen, und seine Tochter Eivora hat alle Hände voll zu tun, dies zu
verhindern. Durch einen findigen Trick bewegt sie die Führer der Einheiten zur
Zusammenarbeit, damit ihnen ein ausgesprochen lukrativer Auftrag nicht durch
die Finger geht. Es gilt Ygôda zu erobern, eine Stadt, die als uneinnehmbar
gilt. Für Eivora gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder ein ruhmreicher Sieg
oder sie folgt ihrem Vater in die Hölle der Dämonen.
Was man Corvus auf jeden Fall zugutehalten muss, ist die
mutige Sichtweise. Seine Identifikationsfiguren sind Söldner, und das heißt,
dass der Leser hautnah miterlebt, wie Tempel geplündert und seine Priesterinnen
geschändet werden. Nicht wirklich etwas, mit dem man sich üblicherweise
identifizieren kann. Das klappt jedoch insofern dennoch, als dass Eivora, eine
der Hauptpersonen, als Gegenpol zu dem ausgesprochen grausamen Chastro-Ignuto
steht. Sie, zwar noch immer eine Söldnerin, hat aber Beweggründe, die den
meisten Lesern einleuchten und nachvollziehbar sind.
Chastro-Ignuto selbst ist ein spannender Charakter. Man
erfährt gleich zu Anfang, dass er ein sogenannter Avatar ist, das heißt, ein
Medium für einen Homunkulus genannten Dämon, der als Parasit aus seiner
Schulter wächst. Zunächst erscheint er nur als sinnlos grausamer Mistkerl, doch
im Laufe der Geschichte erfährt man mehr darüber, was es mit Ignuto, dem
Homunkulus, auf sich hat. Er lebt nicht nur von Chastros Körper, sondern kann
sogar aktiv Einfluss auf ihn nehmen, das sogar so weit geht, dass er nahezu
völlige Kontrolle über Chastros Geist hat. Chastro selbst hatte, als er den
Homunkulus annahm, gedacht, dass es etwas Großartiges sei, lernte jedoch
mittlerweile, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er empfindet Abscheu vor sich
und den Taten, zu denen er von Ignuto gezwungen worden war. Das ist sehr
gelungen, weil das auch aus Chastro-Ignuto einen lesenswerten und vielschichtigeren
Charakter macht.
Corvus hat viele schöne Ansätze für sein Worldbuildung
eingeflochten. Der Homunkulus ist einer davon. Auch über den Dämonenkult zu
lesen, dem die Söldner anhängen, war sehr interessant, weil das ebenfalls nicht
unbedingt das ist, was man sonst in einer mehr oder weniger quietschbunten
klassischen Fantasywelt geboten bekommt. Und quietschbunt ist hier herzlich
wenig.
Der Blick, den der Leser auf die Welt des Klingenrauschs
bekommt, ist sehr kanalisiert. Das geht damit einher, dass man nicht unbedingt
so viel über die überregionalen politischen Verhältnisse, Ländergrenzen und
dergleichen mehr erfährt, das passt jedoch sehr gut. Für Söldner spielen diese
Dinge schließlich keine große Rolle. Wer gestern noch bekämpft wurde, kann
morgen schon der neue Vertragspartner sein, um nun die Waffen gegen seinen
Vorgänger zu erheben.
Das Buch bietet exakt das, was man bei seinem Klappentext
erwartet. Das heißt, dass es eine gute und solide, wenn auch nicht umwerfende
Handlung hat, die jedoch sehr arm an überraschenden Wendungen ist. Lediglich
wortwörtlich die allerletzten Zeilen halten eine wahre Bombe bereit, die
unheimlich viel Lust auf den nächsten Band macht!
»Rotes Gold« ist auf jeden Fall ein lesenswertes Buch, das
einiges zu bieten hat. Vor allem die Charaktere abseits der üblichen
Fantasy-Tropes stechen dabei heraus.
Daten
Rotes Gold
(Schwertfeuer-Saga #1): ISBN 978-3-492-28063-1, Piper, 2016, 12,99€
Weitere Rezensionen
- Horatia Aubrey
- Nenatie
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