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Dienstag, 28. Januar 2025

Rezension: Heavenly Tyrant (Iron Widow #2)

Wu Zetian ist wieder da! Die alte Regierung ist zerschmettert und Qin Zheng aus seinem 200 Jahre dauernden Schlaf erwacht. Gemeinsam richten sie nun ihren Blick zum Himmel und den Göttern.

Nachdem Wu Zetian die alte Regierung mit dem Yellow Dragon zerschmettert hat, dabei jedoch Li Shimin an die Götter verlor, findet sie sich nun an der Seite Qin Zhengs als seine Kaiserin wieder. Sie beide führen eine Rebellion gegen die Überbleibsel der alten Weltordnung an, um eine neue, kommunistische Staatsordnung (mit einem Kaiserpaar an der Spitze) zu etablieren. Doch sie beide wissen, dass die Menschen erst dann wirklich frei sein können, wenn sie die Götter selbst stürzen.


Während der erste Teil noch rohe Wut gewesen war, ändert sich der Ton im Folgeband doch etwas. Wu Zetian hat noch immer eine sehr destruktive Natur, muss aber sehr schnell lernen, dass sie damit an der Spitze einer Regierung nicht weit kommt und sich noch mehr Feinde schaffen würde, als ohnehin schon, wenn sie weiterhin auf rohe Gewalt setzt.

„Heavenly Tyrant“ fokussiert deutlich mehr auf Politik, so sehr, dass die Lesenden, die vor allem an den coolen Mechafights des ersten Bandes interessiert waren, womöglich nicht mehr ganz auf ihre Kosten kommen. Noch immer steigt Zetian von Zeit zu Zeit in ihre Chrysalis, doch dieser Teil der Erzählung nimmt nun deutlich weniger Platz ein.

Da Zetian nun Kaiserin ist, ist klar, dass sie Bildung erhalten muss, um in ihrer Funktion mehr leisten zu können, als nur übermächtige Mechas zu steuern. Sie sieht die Probleme der einfachen Leute und erkennt mit der Zeit immer mehr Problemherde, aber um als Kaiserin wirklich effektiv etwas zu ändern, und das will sie, muss sie verstehen, welche Mechaniken dahinterstehen und wie sie dort den Hebel ansetzen kann. Es ist eben nicht nur damit getan, dass Mädchen jetzt als Pilotinnen gleichbehandelt werden, es ist sogar zu kurz gedacht, als jetzt auch Mädchen ohne nennenswerte Ausbildung in die Schrecken des Krieges geworfen werden und den Tod ihrer Co-Piloten erleiden müssen.

Wu Zetian bleibt natürlich immer noch Wu Zetian, und dass sie jetzt keine Paläste mehr niederreißen kann, um ihrer Wut Ausdruck zu verleihen, ohne die Revolution zu untergraben, heißt nicht, dass sie zahm ist. Qin Zheng, der vor 200 Jahren das Reich geeint hatte, sieht es als logischen Schritt an, sie zu heiraten und sie zu seiner Kaiserin zu machen. Damit binden sie sich aneinander mit allem, was dazu gehört, zwei machthungrige Persönlichkeiten, die vor nichts zurückschrecken, um ihre Ziele zu erreichen. Diese Konstellation ist dazu bestimmt, dass der kleinste Funke sie beide explodieren lässt. Ständig testen sie die Grenzen der anderen Person, testen aus, wie weit sie gehen können und welche Hebel sie tätigen können, um die andere Person so richtig auf die Palme zu bringen. Enemies to enemies with benefits, könnte eins so sagen.

Die Beziehung zwischen Wu Zetian und Qin Zheng ist völlig dysfunktional und destruktiv, trotzdem sind sie gezwungen, die Ehe aufrecht zu erhalten, um die Revolution voranzutreiben, auch wenn es sie beide sehr viel kostet. Wu Zetian weiß, dass sie abhängig ist von Qin Zheng, wenn sie überleben will, und dass er keine Hemmungen hat, sie zu töten, wenn er sie nicht mehr braucht und ihre Pläne gegen seine arbeiten. Gleichzeitig können beide nicht die Finger voneinander lassen und nach und nach enden ihre hitzigen Wortduelle immer häufiger mit ihren Klamotten auf dem Boden verstreut, während sie ihren Frust aufeinander in Sex ausleben. Wortwörtlich Hatesex also. Beide pendeln häufig zwischen den beiden Extremen hin und her: entweder leidenschaftlicher Hass oder leidenschaftliches Begehren und oft gehen beide Seiten Hand in Hand.

Viele der Charaktere erhalten in diesem Band neue Seiten, die im ersten Band nur angedeutet wurden. Insbesondere Yizhi überrascht hier immer wieder. Im ersten Band wirkte er vor allem wie der hübsche und süße boyfriend, der nur ganz selten andeutet, dass er auch eine ganz andere Seite hat. Diese erleben wir in diesem Band. Andere neue Charaktere, die eingeführt werden, fallen mitunter hinten über, insbesondere Wu Zetians neuer Co-Pilot, der mit ihr den Yellow Dragon steuert, während Qin Zheng unpässlich ist. Er wird aufgebaut, erhält ein paar wenige Dialoge, in denen er nur ganz grob seine Ideale anspricht, die aber Wu Zetian zum Umdenken bewegen, und das war’s dann. Zum Teil liegt es daran, dass Xiran Jay Zhao sich immer wieder im Plot verliert und zwischen den Handlungspunkten hin und her springt und selten länger bei ihnen verweilt.

Qin Zheng wiederum ist so ein cooler Charakter! Er hat sich ziemlich schnell zu einem meiner Lieblingscharaktere gemausert. Definitiv ein Arschloch, mit dem ich nie persönlich etwas zu tun haben will, aber einer mit interessanten Ansichten. Er ist zwar Kaiser und ein Tyrann, aber trotzdem liegt sein Hauptinteresse bei der Arbeiterklasse und dem Zerlegen eines ultrakapitalistischen Systems. Um das zu erreichen, schreckt er auch vor einem staatlichen Geheimdienst (Stasi lässt grüßen), Folter in den Gefängnissen und sogar öffentlichen Hinrichtungen nicht zurück. Er hat unheimlich viel Macht, und er nutzt diese, um die alte Führungsschicht komplett zu zerlegen und der Arbeiterklasse zum Aufschwung zu verhelfen.

Damit Qin Zheng die Götter höchstselbst angreifen kann, muss er Wu Zetian als Pilotin ausbilden, sodass sie gemeinsam mit ihm effektiv den Yellow Dragon steuern kann. Das heißt, dass wir gemeinsam mit ihr viel lernen und vieles von dem, was moderne Piloten für selbstverständlich halten, über den Haufen geworfen wird, da das Wissen von Ideologien und misogynen Vorstellungen verfälscht worden sind. Das alles führt dann zur großen Enthüllung am Ende des Romans, die sich allerdings schon erahnen ließ. Das schmälerte jedoch nicht die großartigen Actionszenen.

Im Vergleich zum ersten Band ändert sich „Heavenly Tyrant“ im Ton, weniger rohe Gewalt und mehr Politik. Einige Charaktere sind richtig großartig dargestellt, während ein paar andere hinten über fallen. Die Beziehung zwischen Wu Zetian und Qin Zheng ist ein Hin und Her der Gefühle und in ihrer Komplexität sehr intensiv dargestellt. Insgesamt ist „Heavenly Tyrant“ wieder ein sehr guter Roman, schwächelt jedoch an einigen Stellen.

Potenzielle Trigger:

- Tod, Gewalt gegen Menschen, Massenmord, Hinrichtungen

- häusliche Gewalt

- Misogynie

- ungewollte Schwangerschaft, Diskussion rund um Schwangerschaft

- Erwähnung von Kindesmissbrauch

- sexueller Missbrauch

- body horror

- toxische Beziehung

 

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Reiheninformation

Autor*in: Xiran Jay Zhao

Titel: Iron Widow: Heavenly Tyrant

Sprache: Englisch

Umschlagsillustration: Ashley Mackenzie

Reihe: Band 2

Seiten: 525

Originalpreis: 20,99$

Verlag: tundra books

Genre: Science-Fiction

ISBN: 978-0-73526998-9

Erscheinungsjahr: 2024

 

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