Denn ich fresse nicht nur Jungfrauen!

Freitag, 7. Februar 2025

Rezension: 7 Sorten Schnee von Juri Pavlovic

Als ich zuerst bei Literatopia von „7 Sorten Schnee“ von Juri Pavlovic las, wusste ich sofort, dass ich diesen Roman lesen musste. Wie praktisch, dass es kurz vor Weihnachten gewesen war und das Buch dann tatsächlich unter dem Weihnachtsbaum lag. Epische Fantasy mit Drachen ist einfach ein Muss!

Wer ein Ritter wird, entscheidet die Herkunft.

Wer ein Ritter ist, entscheidet das Herz.

Idalir, die Stadt aus Stein und Schnee, ist seit tausend Jahren in einen Krieg mit den Drachen verstrickt. Flores, der junge Adelige mit der falschen Herkunft, wünscht sich nichts mehr, als seiner Familie Ehre zu machen. Inmitten eines Drachenangriffs taucht plötzlich ein Fremder auf: Raban, ein Arzt aus dem fernen Abrantes, den die Wissenschaft ins ewige Eis gelockt hat. Kaum angekommen, findet Raban sich in der Rolle des Lichtbringers wieder, eines göttlichen Gesandten, der den Drachenkrieg beenden soll. Flores ist bereit, für den Lichtbringer zu sterben. Doch der will das um keinen Preis zulassen.

Ein queeres Fantasy-Epos vor einer Kulisse aus Eis und Schnee, Schlittenhunden und ritterlicher Ehre, voll großer Gefühle und diverser Lebensentwürfe.

(Verlagstext)

Erstes  großes Plus ist definitiv, dass es ein Einzelband ist. Heutzutage findet sich Fantasy sonst immer nur in Reihen und es ist ermüdend. Juri Pavlovic schafft es allerdings, eine kompakte Geschichte in einen einzigen Band zu packen. Wobei ich sagen muss, dass ich gelegentlich doch ein paar Längen ausgemacht hatte.

Zweites großes Plus ist Flores. Oh mein Gott, er ist so eine Zuckerschnute! Ich habe zwischenzeitlich schon ein bisschen sehr für ihn gesimpt, muss ich gestehen. Raban hat da echt einen großartigen Fang gemacht! Flores ist so eine gute und liebe Seele, und ich liebe all die kleinen Details, die ihn so Flores-haft machen. Selbst mitten im scheinbaren Weltuntergang schnappt er sich noch eine Schaufel Sand und streut Sand auf vereiste Stufen, damit niemand ausrutscht. Und dann ist er auch noch so unfassbar ehrenhaft und fair, dass er sich mitunter fast selbst ein Bein stellt (wofür ihn Gersande dann zurecht ausschimpft, der Dödel). Kurzum: Ich liebe ihn. Ob Raban teilt?

Apropos Raban: Die Beziehung der beiden ist einfach Zucker. Für Flores ist es Liebe auf den ersten Blick, absolut niemand zweifelt daran. Raban braucht erst sein bi awakening, was dafür umso süßer ausfällt, als ihm klar wird, dass seine Gefühle für Flores Liebe sind und er die Erkenntnis hat, doch nicht hetero zu sein. Und oh mein Gott, sind die beiden einfach süß zusammen! Selten genug, dass ich mich für eine Romanze erwärmen kann, aber diese hier bringt selbst den Schnee in Idalir zum Schmelzen.

Und ganz nebenbei ist der Sex auch ziemlich hot und spart die eine oder andere Ladung Torf zum Heizen.

Mir gefallen all die vielen Details des Worldbuilding, die beim Lesen das Gefühl erwecken, wirklich am Leben in Idalir teilzunehmen. Dabei hat Juri Pavlovic sogar an die sprachliche Ebene gedacht, da die Leute in Idalir nicht wirklich ein Wort für ihr Volk haben, da es schlicht keine anderen Humanoiden so weit im Norden gibt, von denen sie sich abgrenzen müssen. Warum also dafür ein Wort haben? Dafür haben sie stattdessen sieben Worte für Schnee, was aus einer linguistischen Sicht absolut Sinn ergibt.

Was ich mich aber frage, warum sie Elfen sein müssen. Abgesehen von den Ohren scheinen sie sich physisch nicht groß von Menschen wie Raban zu unterscheiden. Vielleicht ein bisschen größer im Körperbau, andere Hautfarbe, aber nichts, das es rechtfertigen würde zu sagen, dass sie keine Menschen sind.

Interessant ist die Wahl der Erzählperspektive. Es mag erscheinen, als sei Raban die logischere Wahl als derjenige, der seine Heimat für eine jahrelange Reise hinter sich ließ, um eine legendäre Stadt zu finden, an deren Existenz niemand glaubt, und sich dann mit ihren fremdartigen Gebräuchen und Religion konfrontiert zu sehen. Stattdessen treten wir in die Perspektive des Einheimischen, dem ein Fremder wortwörtlich vor die Füße fällt.

Flores ist eine unfassbar treue Seele und seinem Lichtbringer bedingungslos ergeben. Ich bin allerdings im letzten Drittel etwas hin und her gerissen, ob er nicht etwas zu leicht den ganzen Veränderungen seines Weltbildes folgt. Zugegeben, gerade am Anfang reagiert er ablehnend auf den äußeren Blick auf seine Kultur, den Raban bietet. Hier ergibt es dann Sinn, dass wir Flores‘ Perspektive einnehmen, da Raban sein Weltbild ordentlich durchwirbelt und Flores nach und nach zu der Erkenntnis kommt, dass er so einige Dinge hinterfragen sollte, die er für selbstverständlich gehalten hat, was in der Tat die spannendere Erzählperspektive bietet. Diesen Prozessen wird genug Raum gegeben und erfolgen auch Schritt für Schritt. Am Ende sind wir jedoch bei einer 180 Grad Wende angekommen, und Flores reitet sogar zusammen mit Raban auf einem Drachen, die er sonst zeit seines Lebens gefürchtet hat. Ich habe das Gefühl, dass es hier doch etwas zu schnell und mit zu wenig mentalem Widerstand vonstattenging. Zwischen „die Armen müssen nicht vor der Stadt leben, nur weil unsere Göttin ihnen diesen Platz zuwies, weil Keks“ und „ich reite mit meinem Geliebten einen Drachen, die ich bis jetzt für unsere 1000 Jahre alten Erzfeinde hielt“ lieg halt doch sehr viel.

Davon abgesehen bleibt „7 Sorten Schnee“ von Juri Pavlovic ein spannender Roman mit einer ordentlichen Portion Action, Romantik und Spice. Die*r Autor*in schafft es mit einer tollen, eingängigen Sprache und detailliertem Weltenbau, die Stadt Idalir und ihre Einwohner lebendig zu gestalten, sodass die Lesenden Seite an Seite durch die frostigen Straßen laufen können. Auf jeden Fall eine dicke Empfehlung!

P.S.: Hier haben sogar Drachen Neopronomen, was einen gewissen enby Buchdrachen sehr gefreut hat, hehe.

Potenzielle Trigger:

- Tod, Gewalt gegen Menschen, Blut, Verstümmelung

- Diskriminierung, Klassengesellschaft

- Armut, Krankheit

- Sex

 

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Reiheninformation

Autor*in: Juri Pavlovic

Titel: 7 Sorten Schnee

Sprache: Deutsch

Umschlagsillustration: Catrin Sommer

Reihe: Nein

Seiten: 620

Originalpreis: 16,90€

Verlag: Amrûn

Genre: Fantasy

ISBN: 978-3-95869-427-9

Erscheinungsjahr: 2024

 

Weitere Rezensionen:

- Literatopia

 

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