Aiden Thomas war mir bereits von Cemetery Boy bekannt, die Sunbearer Duologie ist eine weitere YA Fantasy Reihe inspiriert von mexikanischer Mythologie, in der erneut ein junger trans Mann die Hauptrolle spielt. Außerdem ist er der Sohn der Göttin der Vögel, und wie kann ich da noch nein sagen?!
Vor Tausenden von Jahren sind die Gottheiten auf die Erde gekommen, und noch heute leben ihre Nachfahren in Reino del Sol. Um die bösen Mächte zu vertreiben, hat sich Sol, die Sonnen-Gottheit, geopfert – und nun müssen alle zehn Jahre zehn junge Halbgötter in einem großen Wettbewerb gegeneinander antreten, um für die Ehre zu kämpfen, das Licht der Sonne zu tragen. Der siebzehnjährige Teo wird überraschend als einer von ihnen ausgewählt, obwohl er zu den Jades gehört, die auf den Wettkampf nicht vorbereitet werden. Gemeinsam mit seiner besten Freundin Niya und dem Außenseiter Xio will er beweisen, dass sie das Zeug zu Ruhm und Ehre haben. Und auch ihr Leben steht auf dem Spiel – denn wer verliert, wird der Sonne geopfert.
(Quelle: Verlagstext)
Inhaltlich fiel mir auf, dass die Darstellung von queeren, insbesondere trans Charakteren sehr positiv ist. Die gesamte Gesellschaft ist sehr offen und unterstützend und es wird keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung gezeigt. Trans Charaktere dürfen genauso messy und fucked up und verpeilt und sweethearts sein wie die Cisgenders der beiden Romane. Die Charaktere ermöglichen sogar ein sicheres und offenes Ausprobieren von Pronomen und respektieren diese, selbst wenn sie die entsprechende Person absolut nicht leiden können. Niemand wird absichtlich misgendert oder gedeadnamed oder bekommt medizinische Versorgung verwehrt. Ich glaube, baby trans egg Ich hätte genauso einen Roman in meinen Teenager Jahren gebraucht, aber damals gab es solche Geschichten noch nicht im Buchregal einer durchschnittlichen Buchhandlung. Umso froher bin ich, dass sich das jetzt ändert!
Teo ist als Sohn der Göttin der Vögel und eines sterblichen Menschen ein Halbgott mit Flügeln, der Fähigkeit, mit Vögeln zu sprechen (Neid!), und überdurchschnittlichen Heilungsfähigkeiten. Die beiden Romane zeigen zwar keine klassische Transfeindlichkeit, greifen das Thema aber dennoch auf und das Mittel dafür sind Teos Flügel. Zu Beginn benutzt er einen Binder, um ebenjene Flügel möglichst wegkaschieren zu können, da sie, dem typischen Geschlechtsdimorphismus vieler Vogelarten entsprechend, nicht die Färbung eines männlichen Quetzal haben. Das löst bei ihm verständlicherweise Dysphorie aus. Da das Cover es ohnehin vorwegnimmt, spoiler ich hier nicht, wenn ich sage, dass sich das im Laufe des ersten Bands ändern wird, und Teo darf endlich seine wunderschönen Flügel mit dem männlichen Gefieder ausbreiten. Es wird nicht genau gesagt, wie die Änderung der Gefiederfarbe zustande kam, ich vermute aber, dass es mit seinen Testodosen zusammenhängen könnte.
Teos Mutter behauptet, dass die Änderung erst passieren konnte, als Teo die Flügel als Teil seiner selbst akzeptiert hat. Ich persönlich finde diese Aussage ziemlich problematisch, bedenkt man, welche Funktion die Flügel in Bezug auf den queeren Kontext spielen. Transmaskuline Personen tragen Binder, um die Brust abzuflachen. Äquivalent dazu trägt Teo sie, um seine Flügel zu verbergen. Sie als Teil seiner selbst zu akzeptieren, würde also bedeuten, dass transmaskuline Personen ihr Brustgewebe als Teil ihrer selbst akzeptieren sollen, was natürlich nicht akzeptabel und zudem ein TERF-Argument ist. In Anbetracht dessen, dass Teo seine Mastektomie bereits hatte und niemand jemals etwas Negatives dazu zu sagen hat (sehr gut!), vermute ich, dass dieser Kommentar in Bezug auf seine Flügel einfach dem sensitivity reading Team durchgerutscht ist.
Was ich mir hingegen nicht so leicht wegerklären kann, ist die Reaktion der anderen Semidioses auf seine Flügel, als er sie nicht mehr abbindet. Plötzlich kommen da alle möglichen, teils genzüberschreitenden Fragen, die wohl jede trans Person sonst von Cisgenders kennt, die einen trans Körper als kuriosen Freak sehen. Inklusive der Frage, ob Teo denn eine Kloake hätte. Muss das sein?! Die Welt ist doch sonst so unglaublich queerfreundlich, warum dann diesen Aspekt mittels Teos Flügeln trotzdem einbauen? Das hätte wirklich nicht sein müssen, es tat nur weh, das zu lesen. Was vielleicht auch Sinn und Zweck der Szene war, aber ich hätte es viel schöner gefunden, wenn Queerness (und deren Fantasy Äquivalent) einfach mal nur sein darf und etwas Positives ist. Hinzu kommt: Es gibt Leute wie Ocelo, dey kann sich in einen Jaguar verwandeln. Warum sind dann Teo Flügel so eine Sensation? Seine Mutter hat die auch! Eigentlich sollte derartiges kein Novum sein.
Die Charaktere folgen dem Schema vieler Jugendromane, die ein wie auch immer geartetes Schulsetting im weiteren Sinne haben. Es gibt die Looser (Teo, Niya und Xio), die Mobber, die coolen VIPs, mit denen alle befreundet sein wollen, weil’s gut für den eigenen Stats ist, und die, die irgendwo da mitschwimmen. Muss eins mögen oder eben nicht.
Ich habe sehr Niya gefeiert und bin großer Fan von ihr. Sie wirkt auf den ersten Blick etwas einfach gestrickt („Yay, lass Dinge zerschlagen!“), aber im Laufe der Duologie wird klar, dass sie doch weitaus vielschichtiger ist als nur Muskeln.
Xio hingegen wird von Anfang an als der absolute Looser aufgebaut. Dey ist ein schmächtige*r Dreizenjährige*r, zudem auch noch ein Jade ohne besondere Kräfte (deren Vater ist der Gott des schlechten Schicksals, also ist dey von Pech verfolgt, und das war’s … scheinbar). Teo hat es sich auf die Fahne geschrieben, Xio heil durch das Auswahlverfahren zu bringen, ohne dass dey am Ende als das Blutopfer endet, ohne dass Xio darum gebeten noch etwas dazu beizutragen hat, weil dey nun wirklich gar keine Eigenschaften hat, um das selbstständig zu schaffen. Eigentlich das perfekte Opfer, das so offensichtlich ist, dass eigentlich klar ist, dass es so nicht kommen wird.
Wird es auch tatsächlich nicht, auf den allerletzten Seiten des ersten Bandes gab es dann doch einen überraschenden Plottwist. Bis dahin allerdings, nun ja.
Was mich dazu bringt: Was kann Teo eigentlich außer mit hübschen Flügeln flattern? Er ernennt sich zu Xios Beschützer und macht da zu seiner obersten Direktive. Niya in ihrer sehr raumeinnehmenden Art stimmt überschwänglich zu (was schon irgendwie putzig ist, kann aber auch ein sehr anstrengendes Verhalten sein, insbesondere für zurückhaltende Personen). Xio wird da nicht viel Raum gegeben, um dem zu widersprechen. Und von da an schleifen sie Xio mit sich. Aber weder stellt sich Teo dabei besonders geschickt an noch kann er viele Fähigkeiten aufweisen, um mit den Golds mitzuhalten, da er anders als die Elite nur eine ganz normale Schulbildung erhalten hat. Meist kommt er mit weitaus mehr Glück als Verstand aus kniffligen Situationen, obwohl er in der Konstellation das brain ist und Niya die brawls. Viel brain habe ich aber nicht gesehen.
Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass die tropischen Vögel eine größere Rolle spielen. Gerade am Anfang hatte es gewirkt, dass Teo zwei Vogelbegleiter hat, die ihm nicht von der Seite weichen und ihn auch während der ganzen Prüfungen begleiten. Leider ist das nicht der Fall und so kommt seine Fähigkeit, mit Vögeln sprechen zu können, nur selten und meist nur für ein bisschen Schabernack zum Einsatz. Wer allerdings nicht so vogelvernarrt ist wie ich, wird das vielleicht nicht als störend empfinden und nur als lustiges kleines Detail.
Schlussendlich bleibt die Sunbearer Duologie hinter meinen Erwartungen zurück. Die queere Repräsentation ist ausgesprochen positiv und die Welt an sich definitiv nicht die allerlangweiligste. Allein das macht das Lesen wert. Die Charaktere sind teils absolute Zuckerschnuten oder fallen in die Kategorie „sind halt da“. Schade, dass ausgerechnet der Hauptcharakter in letztere fällt.
Potenzielle Trigger:
- Gewalt gegen Menschen & Tiere
- Klassismus
- Dysphorie
Werbung nach §6 TMG
Reiheninformation
Autor*in: Aiden Thomas
Titel: The Sunbearer Trials & Celestial Monsters
Sprache: Englisch
Umschlagsillustration: Mars Lauderbaugh
Reihe: Duologie
Seiten: 405 & 407
Originalpreis: £8.99
Verlag: Macmillan Children’s Books
Genre: Fantasy
ISBN: 978-1-035008612
Erscheinungsjahr: 2022 & 2024
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