»For all those who have to fight for the respect that everyone else is given without question.«
The Fifth Season
Das ist eine Rezension, vor der ich mich tatsächlich
gedrückt habe, einfach weil ich das Gefühl habe, den Büchern nicht gerecht
werden zu können. N.K. Jemisin hat mit ihrer »Broken Earth Trilogy« als erste
Woman of Color dreimal hintereinander den Hugo Award für das beste Werk
gewonnen, und in meinen Augen ist das absolut berechtigt.
Die »Broken Earth Trilogy« erzählt die Geschichte Essuns,
welche den Mörder ihres Sohns und den Entführer ihrer Tochter mitten durch das
Ende der Welt jagt: ihren eigenen Ehemann. Die Reihe erzählt auch die
Geschichte der jungen Frau Syenite, welche gerade ihren Platz in der Welt
findet und sich mit ihren von der Allgemeinheit verhassten magischen Kräften
aussöhnt, nur um alles von ihrem mächtigen Mentor auf den Kopf gestellt zu
sehen. Und die Trilogie erzählt auch die Geschichte der jungen Damaya, welche
aufgrund ihrer Magiebegabung von ihrer Familie verstoßen wird und sich in viel
zu jungen Jahren einen Platz in der Welt erkämpfen muss.
Die Stilness, der Kontinent, auf dem die Bücher spielen,
wird seit Menschengedenken von sogenannten Fifth Seasons heimgesucht,
schrecklichen Katastrophen, die die Menschheit immer nur mit knapper Not und
unter großem Leid überlebt. Die Orogenes sind Leute mit besonderen magischen
Kräften, die die tektonischen und geologischen Prozesse der Erde beeinflussen
und somit Naturkatastrophen abhängig von ihrer persönlichen Stärke oftmals schwächen
oder gar negieren können. Mit ihrer Hilfe konnte die Menschheit die vergangenen
Seasons überleben, besonders gewaltige Naturkatastrophen, die selbst die
mächtigsten Orogenes nicht abwenden konnten. Doch die gegenwärtige Season ist
anders und schnell wird klar, dass dies gut und gern die Season sein kann, die
die Menschheit vollends auslöscht.
»To those who have no choice but to prepare their children fort he battlefield.«
The Obelisk Gate
Jemisin wagt sich mit ihrer Trilogie auf neue Wege, die in
der Fantasy noch nicht gegangen wurden, und vermeidet dabei auch noch gängige
Tropes. Das ist zeitgenössische, gar wegweisende Literatur, die offen ist für Neues
und es wagt, diese Pfade auch zu beschreiten.
Wir erleben hier Beziehungskonzepte abseits der Norm, die
zudem ohne Romanzenkitsch auskommen. Die Charaktere selbst haben ihre Ecken und
Kanten, und haben auf jeden Fall ihre Charakterschwächen. Essun ist keine Frau,
die der Welt mit Samthandschuhen begegnet. Ihre Vergangenheit hat sie hart
gemacht, so hart, dass der Leser sich sogar manchmal fragt, ob in ihr überhaupt
noch sonderlich viel Empathie und Menschlichkeit enthalten ist. Sie hat Fehler
begangen, besonders ihren Kindern gegenüber. Auch wenn alles zu deren Schutz
geschehen ist, so fällt es doch schwer, es Essun zu verzeihen, wenn sie
hartherzig bis zur Grausamkeit besonders ihrer Tochter gegenüber war. Dennoch
reist sie mitten durch den Weltuntergang, um sie zu finden und aus den Klauen
ihres Vaters zu reißen.
Die Romane sind aus verschiedenen Perspektiven erzählt,
unter anderem die Du-Perspektive für Essun, was zunächst ungewohnt erschien,
jedoch schnell einen ganz eigenen Charme entwickelt. So fühlte es sich rasch
an, als würde der/die Leser*in Teil der Handlung, sier selbst Essun sein. Das
gibt den Romanen ein ganz besonders intensives Lesegefühl. Die Du-Perspektive
wird immer noch viel zu selten verwendet, obwohl sie so spannend zu lesen ist!
Der Clou ist, dass die Trilogie eigentlich das Ende von
Essuns Reise erzählen. Sie ist eine reife Frau, die schon viel, eigentlich zu
viel, erlebt hat. Das große Abenteuer ihres Lebens hat ein Ende gefunden und
sie hat mit neuer Identität eine Familie gründen können. Und da setzt die
Season ein und mit ihr die Trilogie. Doch alles, was in der erzählten Gegenwart
passiert, wurzelt zugleich in Essuns Vergangenheit und ragt bis in die
Gegenwart hinein. Dadurch sind die Romane unheimlich vielschichtig und komplex.
Auf jeder Seite gibt es etwas Neues über die Charaktere zu entdecken, was schon
immer irgendwie da war, aber erst jetzt aufgedeckt wird.
Jemisin wagt es auch, die dreckigen Seiten ihrer Welt zu
zeigen. Orogenes werden als Menschen zweiter Klasse angesehen, oftmals sogar
nicht mal als Menschen. Das geht sogar so weit, dass die Orogenes förmlich
versklavt werden. Manche wie Essun in ihrer Vergangenheit tragen silberne
Ketten, andere jedoch sind in schweres Eisen geschlagen und dürfen kein menschenwürdiges
Leben mehr führen, damit ihre magischen Kräfte ausgebeutet werden können.
Natürlich thematisiert Jemisin damit die Sklavenvergangenheit der USA.
Die Broken Earth Trilogy ist auf jeden Fall eine klare
Empfehlung! Sie geht das Genre völlig neu an und bringt frischen Wind in die
angestaubten Regale des phantastischen Einheitsbreis. Wir haben komplexe,
vielschichtige Charaktere und ein aufgeklärtes, linkes Weltbild. Gewürzt wird
alles mit einem faszinierenden Worldbuilding und einem charakteristischen
Erzählstil.
»To those who’ve survived: breathe. That’s it. Once more. Good. You’re good. Even if you’re not, you’re alive. That is a victory.«
The Stone Sky
Mögliche Trigger
- Gewalt an Kindern, körperlich wie psychisch
- Sklaverei
- Tod
- Gewalt gegen Menschen
Reiheninformation
Autor*in: N.K. Jemisin
Titel: The Broken Earth Trilogy: The Fifth Season (Teil 1), The
Obelisk Gate (Teil 2), The Stone Sky (Teil 3)
Sprache: Englisch
Umschlagillustration: Lauren Panepinto
Reihe: Trilogie
Seiten: 449 (Teil 1), 391 (Teil 2), 398 (Teil 3)
Originalpreis: £8,99
Verlag: Orbit
Genre: Fantasy
ISBN: 978-0-356-50819-1 (Teil 1), 978-0-356-50836-8 (Teil 2),
978-0-356-50868-9 (Teil 3)
Erscheinungsjahr: 2015 (Teil 1), 2016 (Teil 2), 2017 (Teil
3)
Klingt ja super! Das erste Buch steht seit einiger Zeit bei mir im Regal, aber die Rezi macht mir gleich Lust auf lesen (abgesehen von der Du-Perspektive)
AntwortenLöschen