Denn ich fresse nicht nur Jungfrauen!

Mittwoch, 18. September 2019

Rezension: The Broken Earth Trilogy (#1-#3) von N.K. Jemisin



»For all those who have to fight for the respect that everyone else is given without question.«
The Fifth Season

Das ist eine Rezension, vor der ich mich tatsächlich gedrückt habe, einfach weil ich das Gefühl habe, den Büchern nicht gerecht werden zu können. N.K. Jemisin hat mit ihrer »Broken Earth Trilogy« als erste Woman of Color dreimal hintereinander den Hugo Award für das beste Werk gewonnen, und in meinen Augen ist das absolut berechtigt.

Die »Broken Earth Trilogy« erzählt die Geschichte Essuns, welche den Mörder ihres Sohns und den Entführer ihrer Tochter mitten durch das Ende der Welt jagt: ihren eigenen Ehemann. Die Reihe erzählt auch die Geschichte der jungen Frau Syenite, welche gerade ihren Platz in der Welt findet und sich mit ihren von der Allgemeinheit verhassten magischen Kräften aussöhnt, nur um alles von ihrem mächtigen Mentor auf den Kopf gestellt zu sehen. Und die Trilogie erzählt auch die Geschichte der jungen Damaya, welche aufgrund ihrer Magiebegabung von ihrer Familie verstoßen wird und sich in viel zu jungen Jahren einen Platz in der Welt erkämpfen muss.


Die Stilness, der Kontinent, auf dem die Bücher spielen, wird seit Menschengedenken von sogenannten Fifth Seasons heimgesucht, schrecklichen Katastrophen, die die Menschheit immer nur mit knapper Not und unter großem Leid überlebt. Die Orogenes sind Leute mit besonderen magischen Kräften, die die tektonischen und geologischen Prozesse der Erde beeinflussen und somit Naturkatastrophen abhängig von ihrer persönlichen Stärke oftmals schwächen oder gar negieren können. Mit ihrer Hilfe konnte die Menschheit die vergangenen Seasons überleben, besonders gewaltige Naturkatastrophen, die selbst die mächtigsten Orogenes nicht abwenden konnten. Doch die gegenwärtige Season ist anders und schnell wird klar, dass dies gut und gern die Season sein kann, die die Menschheit vollends auslöscht.

»To those who have no choice but to prepare their children fort he battlefield.«
The Obelisk Gate

Jemisin wagt sich mit ihrer Trilogie auf neue Wege, die in der Fantasy noch nicht gegangen wurden, und vermeidet dabei auch noch gängige Tropes. Das ist zeitgenössische, gar wegweisende Literatur, die offen ist für Neues und es wagt, diese Pfade auch zu beschreiten.

Wir erleben hier Beziehungskonzepte abseits der Norm, die zudem ohne Romanzenkitsch auskommen. Die Charaktere selbst haben ihre Ecken und Kanten, und haben auf jeden Fall ihre Charakterschwächen. Essun ist keine Frau, die der Welt mit Samthandschuhen begegnet. Ihre Vergangenheit hat sie hart gemacht, so hart, dass der Leser sich sogar manchmal fragt, ob in ihr überhaupt noch sonderlich viel Empathie und Menschlichkeit enthalten ist. Sie hat Fehler begangen, besonders ihren Kindern gegenüber. Auch wenn alles zu deren Schutz geschehen ist, so fällt es doch schwer, es Essun zu verzeihen, wenn sie hartherzig bis zur Grausamkeit besonders ihrer Tochter gegenüber war. Dennoch reist sie mitten durch den Weltuntergang, um sie zu finden und aus den Klauen ihres Vaters zu reißen.

Die Romane sind aus verschiedenen Perspektiven erzählt, unter anderem die Du-Perspektive für Essun, was zunächst ungewohnt erschien, jedoch schnell einen ganz eigenen Charme entwickelt. So fühlte es sich rasch an, als würde der/die Leser*in Teil der Handlung, sier selbst Essun sein. Das gibt den Romanen ein ganz besonders intensives Lesegefühl. Die Du-Perspektive wird immer noch viel zu selten verwendet, obwohl sie so spannend zu lesen ist!

Der Clou ist, dass die Trilogie eigentlich das Ende von Essuns Reise erzählen. Sie ist eine reife Frau, die schon viel, eigentlich zu viel, erlebt hat. Das große Abenteuer ihres Lebens hat ein Ende gefunden und sie hat mit neuer Identität eine Familie gründen können. Und da setzt die Season ein und mit ihr die Trilogie. Doch alles, was in der erzählten Gegenwart passiert, wurzelt zugleich in Essuns Vergangenheit und ragt bis in die Gegenwart hinein. Dadurch sind die Romane unheimlich vielschichtig und komplex. Auf jeder Seite gibt es etwas Neues über die Charaktere zu entdecken, was schon immer irgendwie da war, aber erst jetzt aufgedeckt wird.

Jemisin wagt es auch, die dreckigen Seiten ihrer Welt zu zeigen. Orogenes werden als Menschen zweiter Klasse angesehen, oftmals sogar nicht mal als Menschen. Das geht sogar so weit, dass die Orogenes förmlich versklavt werden. Manche wie Essun in ihrer Vergangenheit tragen silberne Ketten, andere jedoch sind in schweres Eisen geschlagen und dürfen kein menschenwürdiges Leben mehr führen, damit ihre magischen Kräfte ausgebeutet werden können. Natürlich thematisiert Jemisin damit die Sklavenvergangenheit der USA.

Die Broken Earth Trilogy ist auf jeden Fall eine klare Empfehlung! Sie geht das Genre völlig neu an und bringt frischen Wind in die angestaubten Regale des phantastischen Einheitsbreis. Wir haben komplexe, vielschichtige Charaktere und ein aufgeklärtes, linkes Weltbild. Gewürzt wird alles mit einem faszinierenden Worldbuilding und einem charakteristischen Erzählstil.

»To those who’ve survived: breathe. That’s it. Once more. Good. You’re good. Even if you’re not, you’re alive. That is a victory.«
The Stone Sky


Mögliche Trigger
- Gewalt an Kindern, körperlich wie psychisch
- Sklaverei
- Tod
- Gewalt gegen Menschen


Reiheninformation
Autor*in: N.K. Jemisin
Titel: The Broken Earth Trilogy: The Fifth Season (Teil 1), The Obelisk Gate (Teil 2), The Stone Sky (Teil 3)
Sprache: Englisch
Umschlagillustration:  Lauren Panepinto
Reihe: Trilogie
Seiten: 449 (Teil 1), 391 (Teil 2), 398 (Teil 3)
Originalpreis: £8,99
Verlag:  Orbit
Genre: Fantasy
ISBN: 978-0-356-50819-1 (Teil 1), 978-0-356-50836-8 (Teil 2), 978-0-356-50868-9 (Teil 3)
Erscheinungsjahr: 2015 (Teil 1), 2016 (Teil 2), 2017 (Teil 3)

1 Kommentar:

  1. Klingt ja super! Das erste Buch steht seit einiger Zeit bei mir im Regal, aber die Rezi macht mir gleich Lust auf lesen (abgesehen von der Du-Perspektive)

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