Alea iacta est, könnte man sagen. Wenn die Würfel nicht
schon längst gefallen sind durch Neds unerschütterlichen Sinn für Ehre – und mitunter
seinen Starrsinn. Denn das Undenkbare ist geschehen: Der König wurde auf der
Jagd von einem Eber tödlich verletzt und jegliche Hilfe kommt zu spät. Kurz vor
seinem Tod setzt er sein Testament auf und ernennt Ned Stark zum Protector of the
Realm. Mit dem Tod des Königs geht auf einmal alles drunter und drüber in King’s
Landing. Jeder will schnellstmöglich das Machtvakuum für sich nutzen – und Ned
muss ein für alle Male lernen, dass Hofintrigen nicht mit Ehrgefühl beizukommen
ist. Im fernen Vaes Dothrak muss auch Daenerys erfahren, dass sie von den
Schergen des Usurpators noch lange nicht sicher ist, und entkommt nur knapp
einem Attentat. Derweil schwört Jon hoch im Norden seinen Eid als Bruder der
Night’s Watch und macht dabei eine grausige Entdeckung.
Zu Beginn der Folge heißt es: Auftritt Tywin. Die Szene ist
im Grund recht banal: Inmitten seines Heerlagers zerlegt Tywin einen Hirsch,
während er Jaime eine Standpauke hält. Charles Dance, ohnehin ein großartiger
Schauspieler, hat eine so unglaublich großartige Präsenz, dass er selbst einer eigentlich
so schlichten Szene eine Menge Charakter geben kann. Ich liebte ihn schon
damals in seiner Rolle in Underworld 4, wo ich ihn kennenlernte, und ich finde
ihn als Kaiser Emhyr var Emreis, seine Sprechrolle in The Witcher 3: Wild Hunt
(lest die Bücher, spielt die Spiele! Los!), einfach umwerfend. Er passt ebenso
wie die Faust auf’s Auge in die Rolle des Tywin Lannister: Er strahlt Gelassenheit
und gleichzeitig Autorität und Strenge aus. Vor ihm kuscht jeder, sein Name hat
Gewicht, und er weiß all das hervorragend einzusetzen und sogar auszubauen.
Ich finde die Eröffnungsszene dieser Folge daher so genial,
weil sie Tywin hervorragend und Szene setzt und seinen Charakter so klar
zeichnet. Man weiß von Anfang an, woran man bei ihm ist, und es bedarf nichts
weiter als eines Gespräches mit seinem Sohn, während dem er einen erlegten
Hirsch ausweidet und häutet. Es wirkt, als mache er diese ganzen
Staatsgeschäfte wie nebenbei, während er nicht nur auf politischer Ebene für
das Wohl seiner Familie arbeitet, sondern auch für ihr täglich Essen sorgt, als
seien beides völlig alltägliche Dinge.
Ned sorgte die gesamte Folge über für innerliche Facepalms.
Freilich handelte er hervorragend seinem Charakter entsprechend, aber mitunter
ist das zum Haare raufen. Er schlägt so einige gute Ratschläge in den Wind, die
vielleicht nicht ehrenvoll wären, aber doch mit Sicherheit für den Frieden im
Reich gesorgt hätten. Wobei, weiß man’s? Ohnehin scheint nun jeder etwas vom
Kuchen abhaben zu wollen und alle reißen sich um das Königreich. Es wäre eine
sehr spannende Überlegung, was passiert wäre, hätte Ned beispielsweise den
Thron für sich in Anspruch nehmen können.
Viele Charaktere zeigen jetzt ihre wahren Gesichter. Auch
Renly ist scharf auf den Thorn, und selbst Littlefinger deutet etwas in der Art
an; ich hatte es nur lange Zeit nicht wahrhaben wollen, dass er ebenfalls auf
den Thron hinarbeitet, und wollte glauben, dass er ebenso wie Varys
ausgesprochen lautere Ziele verfolgt.
Auch Cersei hat mir in dieser Folge sehr gut gefallen. Jetzt
endlich brachte sie ihr berühmtes Zitat an, überhaupt eines meiner
Lieblingszitate in den ganzen Büchern: „If you play the game of thrones, you
win or you die. There is no middleground.“ Ach, Ned, deine Welt ist schön,
leider lässt sie sich in Westeros nicht verwirklichen. Warum nur hast du Cersei
erzählt, was du vorhast, und diese Frau damit vollkommen unterschätzt? Ich
liebe ihre Aussage: „And what about my wrath?“ Wir wissen mittlerweile, worin
dies in Staffel 6 endete, aber auch schon zu diesem Zeitpunkt finde ich ihre
Aussage sehr beeindruckend. Man kann von Cersei halten was man will, eines kann
man nicht sagen: dass sie keine selbstbestimmte Frau ist, die sich von den
Männern unterbuttern lässt. Sie lebt in einer von Männern dominierten Welt und
weiß sich hervorragend durchzusetzen und zu erreichen, was sie will.
Prinzipiell bin ich solchen Charakteren sehr zugetan. (Wobei Cersei mir wieder
zu radikal ist, als dass sie zu meinen Lieblingscharakteren gehört.)
Da mag ich Osha schon deutlich mehr. Sie tut zwar so, als
sei sie unterwürfig, aber in ihr stecken noch immer die Freefolks. Sie hält Theon,
der denkt, er habe leichtes Spiel mit ihr, wunderbar zum Narren. Schließlich
kommt Maester Luwin zu ihr und fragt sie, was sie aus dem Norden getrieben hat.
Sie spricht von den Kreaturen der Nacht, womit die Szene übergeleitet wird zur
Mauer und Jon Snow. Es ist zwar dezentes Forshadowing, aber dennoch mochte ich
das sehr.
Die jungen Rekruten werden den verschiedenen Gilden der
Night’s Watch zugeteilt und schwören ihren Eid. Ich liebe ihn einfach, weil
schon allein die Worte so unheimlich viel Atmosphäre erzeugen. „Night gatheres
and now my watch begins …“ Hinzukommt die Szene, wie Jon und Sam vor dem Baum
knien und im Sprechchor die Worte aufsagen. Gänsehaut pur! Eine der vielleicht
besten Szenen im ersten Teil, würde ich meinen.
Und dann kommt Ghost wieder, mit dem erfrorenen Arm im Maul
…
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