Die Messer werden gewetzt und blutige Taten stehen bevor.
Albenmark rückt im vierten Band der Drachenelfen, „Die letzten Eiskrieger“, von
Bernhard Hennen gegen die Heere der Menschen aus. List und Tapferkeit sind
gefragt, um ihre zahlenmäßige Unterlegenheit gegen die Menschenkinder zu ihrem
Vorteil zu wandeln. Währenddessen sind eine Handvoll tapferer Pioniere in den hohen
Norden von Nangog unterwegs, um das mysteriöse Traumeis zu bergen, eine
fremdartige Substanz, die Träume wahr werden lässt. Dabei müssen sie sich der
Geister Nangogs stellen, welche eine schier unüberwindliche Gefahr darstellen.
Wieder mal so ein Buch, das man in einer Handvoll Sätze
zusammenfassen kann, weil quasi nichts passiert. Auf der anderen Seite baut
Hennen dafür weiter seine Welt aus. Die Eisgeister, körperlose Kinder Nangogs,
nehmen Besitz von den Lebenden, was nicht nur ein weniger an die Others aus A
Song of Ice and Fire beziehungsweise der Serie Game of Thrones erinnert, aber
doch eine unheimliche Atmosphäre erzeugt. Hennen transportiert die Spannung
sehr schön zum Leser, während die Pioniere nach und nach entdecken, was es mit
den Geistern und dem Traumeis auf sich hat, und dabei in immer größere Gefahr
geraten.
Was Hennen als ein Gesamtbild aller bisherigen Bücher sehr
schön gelungen ist, ist das Bild der verschiedenen Kulturen, das er gibt. Die
Drachenelfen gehören zu der früheren Geschichte Albenmarks, dementsprechend ist
alles noch nicht so ausgereift wie in den Folgebänden. Gerade die Menschen betreffend
merkt man dies. Ihre Gesellschaft erinnert an unsere altorientalistische
Kulturen wie Babylon und dergleichen. Teilweise kämpfen die Menschen sogar noch
mit Bronzewaffen, Waffen aus Eisen gelten als sehr wertvoll.
Und ja, es ist auch ein positiver Aspekt, dass Nandalee in
diesem Buch quasi nicht zu Wort kommt. Ich merkte schon im Vorgängerband, wie
mein Aggressionslevel stets etwas anstieg, wenn wieder einmal ein Kapitel mit
ihr anstand. Mary Sues sind und bleiben einfach eine Pest.
Spätestens in diesem Band kommt zum Tragen, dass man auf
beiden Seiten so seine Lieblinge hat. Hennen hatte stets die Geschichte aus
zwei verschiedenen Blickwinkeln erzählt: dem der Albenkinder und dem der
Menschen. Nun treffen beide im offenen Krieg aufeinander und so recht will man
sich als Leser nicht auf die eine oder andere Seite schlagen. Was ist, wenn es
Volodi an den Kragen geht? Oder Hornbori? Das will man ja alles nicht, aber
trotzdem schlagen sie sich jetzt gegenseitig die Köpfe ein. Es fehlt in dem
Sinne ein klarer Antagonist, weil für jede Seite die andere der Feind ist, der
Leser jedoch mittlerweile beide Parteien gut kennt. Schwarz-Weiß-Malerei ist in
der Fantasy leider zu einem gängigen und furchtbar langweiligen Klischee
geworden, daher ist eine Abwechslung wie diese stets sehr erfrischend.
Allerdings fragt man sich doch, was Bidayn da eigentlich die
ganze Zeit bei Shanadeen macht. Warum hat sie ihn gehreitatet, was bezweckt sie
damit? Entweder es wurde genannt und ich habe es einfach überlesen (kann ja
auch sein), oder dieser Handlungsstrang ist wirklich so undurchsichtig und
vielleicht ohne tieferen Sinn, wie er scheint.
Störend fiel auf, dass das Lektorat ständig Fragezeichen
unterschlagen hat. Mir fallen in gedruckten Büchern in letzter Zeit immer mehr
und mehr Fehler auf, und zwar nicht nur vereinzelte Fehler auf hunderten von
Seiten, sondern durchaus gehäuft. Das darf einfach nicht passieren und erweckt
einen schlechten Eindruck.
Am Ende des Buches wird schließlich und endlich die Brücke
zu den anderen Elfenbüchern Hennens geschlagen. Nandalee gebiert ihre Kinder
und gibt ihnen ihre Namen: Emerelle und Meliander. Ich fand es ganz witzig,
dass das quasi in einem Nebensatz geschieht. Für Nandalee ist es natürlich toll,
dass sie nun endlich ihre Kinder hat, aber noch hat das keine wirkliche
Bedeutung für das große Ganze. Der Leser weiß in dem Moment nur einfach
wesentlich mehr durch die anderen Elfenbände.
Insgesamt macht das Buch vor allem durch das fast durchgängige
Fehlen Nandalees einen durchaus guten Eindruck. Dass gerade das ein positiver Aspekt
ist, zeugt allerdings nicht unbedingt davon, dass hier wirklich alles im Reinen
ist.
Daten
Die letzten Eiskrieger
(Drachenelfen #4): ISBN 978-3-453-27001-5, Heyne, 2015, 17,99€
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