„Verrat!“, heißt es im dritten Band der Drachenelfen, Die
gefesselte Göttin, von Bernhard Hennen. Sowohl Drachen als auch Devanthar
wittern an allen Ecken und Enden Verrat und Intrigen ihrer Feinde – und merken
dabei nicht, dass sie selbst sich den Feind schaffen, um den Krieg
herbeizurufen, den beide Seiten gern hätten.
Um die Devanthar und Menschen aus Nangog zu vertreiben, der
Welt, auf die sie kein Anrecht haben, schicken die Drachen ihre Drachenelfen
unter der Führung Nandalees aus, um die im Herzen der Welt gefesselte Göttin
Nangog zu befreien. Sie soll die Menschen von der nach ihr benannten Welt
vertreiben, wofür die Drachen in Kauf nehmen, neben den Alben und Devanthar
eine dritte Schöpfermacht auf den Plan zu rufen. Gleichzeitig schmieden sie
Pläne, um die Saat der Rebellion in den Reihen ihrer Drachenelfen auszulöschen –
auch für den Preis, einige von ihnen in den Tod zu schicken.
Es ist mittlerweile eine Hassliebe, die mich mit den Büchern
verbindet. Es gibt Passagen, da will ich das Buch vor lauter Langeweile einfach
zur Seite legen. Dann lese ich doch weiter und finde wieder etwas, das mich in
seinen Bann schlägt. Die Höhen und Tiefen dieser Reihe sind einmalig, zumal sie
mich trotz der Schwankungen immer wieder dazu reizen, bis zum Ende zu lesen.
Hennen benötigte geschlagene drei dicke Wälzer von je 800
Seiten und mehr, um den Drachen und Devanthar einen Grund zu liefern, nun
endlich den offenen Krieg gegeneinander auszutragen. Das ist einfach viel zu
viel. Die Bücher haben ihre Längen und oftmals passiert trotz der vielen Worte
nichts wirklich Nennenswertes. Zu Artax kann man in diesem Band fast gar nichts
sagen, Hornbori und seine Gefährten haben ebenfalls kaum etwas zu melden. Wobei
bei den Zwergen immer noch fraglich ist, was sie in dem kommenden Krieg zu
melden haben und welche Rolle sie noch spielen werden – und ob die überhaupt
relevant ist.
Nandalee selbst mustert sich immer mehr zu einem ziemlich
lästigen Charakter. Sie rebelliert gegen ihre Drachenmeister, was diese
wenigstens am Ende dieses Bandes nicht mehr dulden, kommt aber dennoch
ungeschoren davon. Und warum? Wegen Gonvalon und dieser schmierigen, kitschigen
Romanze der beiden. Nandalee ist schrecklich rechtschaffen und will ach so
perfekt sein. Sie ist in keinster Weise ein ambivalenter Charakter, sondern
durch und durch gut. Sie will zwar unbedingt eine Drachenelfe sein, dabei aber
für das Gute in der Welt einstehen. Das ist eigentlich teils ein Widerspruch in
sich, was sie aber nicht daran hindert, ihr Mary Sue Dasein weiter auszubauen.
Auf der anderen Seite stehen Bidayn und Lyvianne, welche
eine Menge wieder herausreißen. Sie beide streben nach großer magischer Macht
und insbesondere Lyvianne kennt dabei keine Skrupel. Sie ist darin ihrer
Schülerin ein Vorbild, womit diese ebenfalls immer mehr vom rechtschaffenen
Pfad abgebracht wird, der ihre Freundschaft zu Nandalee einst vorgezeichnet
hatte. Das sind Charaktere, die mir wesentlich mehr Freude bereiten und die viel
mehr Seiten zu bieten haben.
Ein Aspekt in Büchern, den ich spätestens seit A Song of Ice
and Fire sehr zu schätzen gelernt habe, ist das Unvorhersehbare von
Charaktertoden, insbesondere von Hauptcharakteren. Es wird so oft argumentiert,
dass, wenn ein Charakter der Hauptcharakter ist, er mit hoher Wahrscheinlichkeit
am Ende des Buches noch leben wird. Das trifft leider auf sehr viele Bücher zu,
auch auf die Drachenelfen. Hennen verwendet oft sehr viel Aufwand darauf, neue
Charaktere einzuführen, was in allen Fällen bis auf bisher eine einzige
Ausnahme am Ende vom dritten Band ein Indiz dafür ist, dass die Situation noch
so gefährlich sein kann, der Charakter wird es überleben. Das ist schlicht
langweilig (und führt mitunter zu etwas absurden Situationen, in denen die
Überlebenschancen eigentlich sehr gering sein sollten).
Die Bücher bestanden bisher, so habe ich das Gefühl, aus nur
lose miteinander verbundenen Einzelepisoden. Zusammengenommen führen sie zwar
zum nun ausbrechenden Konflikt zwischen Drachen und Devanthar, doch fehlt mir
darüber hinaus ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Ereignissen. Sie stehen
lediglich episodenartig nebeneinander.
Wie schon die Vorgänger hat auch „Die gefesselte Göttin“
Längen und Tiefpunkte. Neben Bidayn und Lyvianne als Charaktere gibt es dann
aber doch wieder Szenen, in denen ich total gefesselt bin von den Ereignissen.
Plötzlich wird es doch spannend, plötzlich taucht etwas unheimlich
Faszinierendes auf, denn bei all dem Gemeckere muss man eben doch sagen: Das
Worldbuilding ist genial. Für mich reißt das zusammen mit Lyvianne und Bidayn
eine ganze Menge wieder heraus.
Zusammenfassend war der Leseeindruck trotzdem positiv. Die
Kritikpunkte sind zahlreich, die positiven Aspekte wiegen relativ viel davon
wieder auf. Auch wenn ich im vieren Teil eine Menge Jammern von Seiten
Nandalees erwarte sowie, dass sie noch weiter in meiner Gunst sinken wird, so
freue ich mich auf diesen.
Daten
Die gefesselte Göttin
(Drachenelfen #3): ISBN 978-3-453-53346-2, Heyne, 2013, 17,99€
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