Drachen
sind grausame Monstrositäten, die ohne Rücksicht auf ihre Umwelt alles
niederbrennen und Tod und Verderben sähen. Sie sind gefürchtet und gehasst,
einen Ritter gebührt große Ehre, wenn er einen von ihnen erschlägt. Oder? Aber
was wäre, wenn sie doch vernunftbegabte und rücksichtsvolle Wesen sind? Wären
sie dann immer noch gehasst und verfolgt?
Die
letzten Drachen der Welt leben zurückgezogen in einem Wald. Ein Zauber schützt
ihre Siedlung, doch als eine junge ehrgeizige Drachendame ein mächtiges
Zauberbuch findet, bringt sie sie alle in Gefahr. Gleichzeitig wird der Junge
Errol wider seinen Willen, zu einem Kriegerpriester ausgebildet, dessen
Bestimmung es sein wird, Drachen zu töten. Dabei ist es doch sein Wunsch, so
viel wie möglich über Drachen zu lernen, statt sie umzubringen. Zu allen
Ungunsten stirbt auch noch der alte König, welcher bis jetzt eine schützende
Hand über die Drachen gehalten hatte, und seine Tochter lechzt nach Blut.
Bücher,
die Drachen thematisieren, stellen diese meist in der üblichen Symbolik als
Feinde dar, in der sie auch in der klassischen Mythologie zu finden sind. Daher
präsentiert sich die Trilogie James D. Oswalds als angenehme Abwechslung und
wirft gleichzeitig einige interessante Fragen auf.
Seine
Drachen sind weder stumpfsinnige Tiere noch verschlagene und grausame Jäger.
Vielmehr sind sie kluge Wesen, die eigentlich nichts mehr wollen, als in
Frieden zu leben. Die Menschen halten jedoch die Erinnerungen an die blutigen
Konflikte der Vergangenheit in ihren Sagen und Legenden wach. Erst königliche
Edikte der jüngeren Vergangenheit haben eine Koexistenz von Mensch und Drache
ermöglicht. Der kriegerische Orden des Hohen Fryd ist jedoch an einem
friedlichen Miteinander nicht interessiert und verteufelt die Drachen zu
Bestien, die es auszurotten gibt. Wenn es kein Feind gibt, wird sich einer
geschaffen. Klingt vertraut, oder?
Leider
nimmt der Prolog die besondere Herkunft Errols vornweg, sodass der Leser in
diesem Moment mehr weiß als der Protagonist. Auch wenn sich damit von Anfang an
ein Konfliktherd abzeichnet, nimmt es doch die Spannung, da man nicht mehr mit
Errol gemeinsam herausfinden kann, wer er eigentlich ist.
Der
erste Band der Trilogie ist mehr ein Auftakt. Die Handlung braucht, um in Fahrt
zu kommen und tritt teilweise auch ein wenig auf der Stelle. Dadurch fehlt zu
einem Großteil die Spannung, da lange nicht ersichtlich wird, wo der
Konfliktherd liegt. Der letzte Teil ist dafür umso rasanter und gipfelt in
einem sehr gelungen Cliffhanger hin zum Folgeband.
Stattdessen
verwendet der Autor viel Zeit, um seine Welt aufzubauen und dem Leser
nahezubringen. Lobend sind die Texte zu Beginn eines jeden Kapitels
hervorzuheben, die Auszüge aus der Literatur seiner Welt darstellen und ebenjener
dadurch auch mehr Substanz verleihen.
J.D.
Oswalds Sprache ist gelungen. Er schreibt sehr bildhaft, sodass Umgebung und
Charaktere deutlich vor die Augen des Lesers treten. Insbesondere was das
Aussehen seiner Drachen betrifft, beschreibt er weniger, als dass er es durch
das deutlich macht, was sie tun, was definitiv eine angenehme Abwechslung zu
einer stupiden Aneinanderreihung von Eigenschaften ist.
Der
Grundgedanke ist sehr interessant, dass Drachen nicht die Bösen sind, sondern
dazu gemacht werden. Interessant ist auch ihre humanoide Darstellungsweise, die
zunächst ein wenig befremdlich ist, bei genauerer Betrachtung aber interessante
Interpretationsaspekte aufwirft. Obgleich
Dreamwalker nicht die packendste Lektüre ist, ist der Schluss definitiv
gelungen und auch ein Griff zu Band Zwei empfiehlt sich.
Daten
Der Zauber des
Drachenvolkes,
Orig. Dreamwalker, Dreamwalker 1: ISBN 978-3-570-40306-8, cbj, 2015, 12,99€
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