Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen nimmt
selten einen guten Verlauf und häufig werden dabei Freunde zu Feinden. Jeder
meint, den einzig richtigen Weg einzuschlagen und die anderen Parteien notfalls
auch mit Waffengewalt davon überzeugen zu können. Mit dem zweiten Teil der
Demoncycle-Reihe hat Peter V. Brett ein Augenmerk auf Konflikte gelegt, die nur
allzu vertraut wirken.
Krasia hat seinen Eroberungsfeldzug gegen den Norden
begonnen. Unter der Führung Jardirs hat sich das gesamte krasianische Volk
unter vereinten Bannern versammelt und folgt seinem Erlöser. Gleichzeitig hat
das nördliche Volk seinen eigenen Erlöser ernannt: Arlen, der tätowierte Mann.
Jardir ist der Ansicht, dass die Menschheit über die Dämonen nur siegen kann,
wenn sie unter seinen vereinten Bannern kämpft. Während Arlens Freunde alles in
ihrer Macht stehende zu tun, um allzu schlimme Folgen der krasianischen
Invasion zu vermeiden, zieht Arlen selbst über die Dörfer und weiht die
Menschen in die Geheimnisse der Siegel ein, die ihnen einen Kampf gegen die
Dämonen ermöglichen sollen.
Wieder gibt Peter V. Brett viele neue Einblicke in seine
Welt. Besonders hervorzuheben ist die krasianische Kultur, welche erstmals besonders
im ersten Teil des Buches ausgiebiger beleuchtet wird. Sein Worldbuilding
bleibt weiter weitestgehend solide und interessant.
Besonders lobend ist hier hervorzuheben, dass die
kulturellen und standesmäßigen Unterschiede in der Sprache viel besser hervorkommen,
als es in der deutschen Übersetzung transponiert wurde. Anhand dessen, wie die
Charaktere sprechen, merkt man sehr gut, woher sie kommen und welchem Stand sie
angehören.
Krasianer beispielsweise sind ausgesprochen auf ihre
verschiedenen Stände bedacht und reden einander auch dementsprechend
differenziert an. Die Bildungsschicht der Nordländer hat wiederum eine eigene
Sprache, von welcher sich wiederum die ländlichen Regionen mit ihrem eigenen
Dialekt abgrenzen. Ebenjener Dialekt macht es für deutsche Leser mitunter etwas
schwieriger zu verstehen, was soeben beredet wird, nichtsdestotrotz ist es auf
jeden Fall eine Bereicherung des Textes.
Auch positiv anzumerken, ist das hier ausführlicher
eingeführte Krasianische. Das Vokabular erstreckt sich zwar, da es sich zumeist
um Rangbezeichnungen, Titel und Eigennamen handelt, vor allem auf Nomen und
einige Adjektive, zeugt aber von einem gewissen Reifegrad. Schaut man genauer
hin, erkennt man bestimmte Morpheme in den Wörtern wieder und kann ihre
Bedeutung mittels der spezifischen Wortbedeutung ableiten. „Dama“
beispielsweise taucht in mehreren Verbindungen auf wie „Damaji“ oder
„Dama’ting“, woraus man schließen kann, dass „dama“ allgemein eine
Respektsperson bezeichnet, egal, ob religiöser oder militärischer Art.
Leider lassen sich im Gegenzug zum ersten Band auch einige
negative Aspekte ausmachen. Dem Vorbild des ersten Bandes folgend, führt Brett
Jardir, einen neuen POV-Charakter, ebenso ausführlich ein, wie er die Charaktere
des ersten Bandes einführte, indem er seinen Werdegang vom Jungen zum Erlöser
über gut ein Drittel des Buches verfolgt. Da man eigentlich erwartet, dass es
relativ bald mit der Haupthandlung um Arlen, Leesha und Rojer weitergeht, fühlt
sich das gesamte erste Drittel des Buches eher wie ein Prolog an, denn wie der
Einstieg in die eigentliche Handlung.
So interessant es auch ist, über die Kultur der Krasianer zu
lesen, so wirkt einiges dabei jedoch nicht völlig durchdacht. Ein Großteil der
krasianischen Gesellschaft baut auf ihrem Militär auf, die meisten ihrer Männer
sind Soldaten. Die Aufgabe der Frauen ist es, Herd und Kinder zu hüten. Damit
bleiben nur noch die sogenannten Khaffit, die die Wirtschaft Krasias betreiben.
Es wirkt unglaubwürdig, dass eine gesamte Gesellschaft auf den Schultern eines
so geringen Bevölkerungsanteils bestehen kann.
Insgesamt ist das Leseerlebnis jedoch noch immer positiv. Da
sich jetzt auch weitere Konflikte mit den Krasianern ergeben und Brett nicht
mehr nur bei den Dämonen bleibt, gibt er einen schönen Ausblick auf die
Folgebände. Er leibt weiterhin seiner Linie treu, legt das Augenmerk auf die
zwischenmenschlichen Beziehungen und zeigt damit, was passieren kann, wenn
Menschen sich bis hin zu ihrer grundlegendsten Existenz bedroht fühlen. Manche
erweisen sich als Feiglinge, manche als Kämpfer und manche als Narren. Doch wer
am Ende überleben wird, bleibt abzuwarten.
Ich möchte hier noch einmal gesondert auf das Krasianische
eingehen, es aber aus der eigentlichen Bewertung herausnehmen, da das
Nachfolgende zu fachspezifisch ist. Mich als Linguisten hat es dennoch
umgetrieben: Wie es aussieht, hat Peter V. Brett für das Krasianische keine
Phonologie entwickelt. Das macht die ganze Sache etwas komplizierter, denn
damit hat er seinen Lesern keinen Leitfaden an die Hand gegeben, wie das
Krasianische auszusprechen ist, was, wie ich finde, beim Lesen eine nicht
geringe Rolle spielt. Eben weil nichts gegeben ist, ist primär zunächst nichts
richtig und nichts falsch. Ich als Deutsche werde also das Krasianische immer
mit deutscher Phonologie lesen, ein Engländer wird es mit großer
Wahrscheinlichkeit wieder anders lesen als ein Franzose oder Spanier. Das
Krasianische ist aber eine eigene Sprache, die ihren eigenen linguistischen Regeln
folgt, die nicht je nach Sprecher vollkommen nach Belieben wechseln. Ich
persönlich hätte es schöner gefunden, wenn der Autor auch hier in die Tiefe
gegangen wäre. Gute Ansätze sind, wie ich oben schon erläuterte, ja da.
Daten
The Desert Spear, Demoncycle
2: ISBN 978-0-345-52414-0, Del Rey, 2009, 5,80€
Weitere Rezensionen
- Weltenwanderer (dt.)
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