Es gibt Kombinationen, die einfach geil aussehen. Von Tad
Williams hört man ja ohnehin manch Gutes, und Kerem Beyit auf einem Cover zu
sehen, ist so oder so einfach klasse. Leider
stellten sich »Die Drachen der Tinkerfarm«, der erste Teil der
Tinkerfarm, von Tad Williams und Deborah Beale als nicht ansatzweise so
deliziös heraus, wie sie sich präsentierten.
Die Geschwister Lucinda und Tyler werden von ihrer Mutter in
den Sommerferien auf die Farm des verschrobenen Großonkels Gideon auf dem Land
abgeschoben. Die beiden Kinder sind nicht sonderlich begeistert, erst recht
nicht, als Gideon ihnen ein Buch über feuerspeiende Kühe schickt. Das kann ja
nur schrecklich werden, denken sie. Was sie dann jedoch auf der Tinkerfarm
antreffen, übertrifft ihre kühnsten Erwartungen. Die feuerspeienden Kühe waren
wohl doch keine Kühe …
Vielleicht nicht unbedingt das beste Buch, um Tad Williams
kennenzulernen. Vieles im Roman wirkt überzeichnet und karikierend, und das in
einer Art, dass es eigentlich gewollt parodiert aussieht. Leider karikiert es
nicht wirklich und ruiniert damit das ganze Buch. Denn gewollt ist dann doch
nicht gleich gekonnt.
Das einzig wirklich Positive sind die schönen
Innenillustrationen von Jan Reiser und das umwerfende Cover von Kerem Beyit
(alles von Kerem Beyit ist der Hammer!). Dann hört es eigentlich schon auf.
Die beiden Protagonisten nerven einfach nur. Sie sind
verzogene Stadtgören, die allen auf der Farm auf der Nase herumtanzen und nie
das machen, was sie machen sollen. Sie wittern sehr schnell, dass auf der Farm
nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Hinzu kommt, dass ihnen ständig gesagt
wird, dass sie dies und das nicht machen sollen. Das soll sie davor schützen,
zu schnell die Geheimnisse der Farm zu entdecken. Das ist ein vergeblicher und
ziemlich lahmer Versuch, Spannung aufzubauen, da der Leser dank der Paratexte
ohnehin schon alles Notwendige weiß und sich den Rest zusammenreimen kann.
Hinzu kommt, dass die Kinder damit erst recht versuchen, dem selbst auf die
Schliche zu kommen, und sich dabei, salopp gesagt, ständig ordentlich in die
Scheiße reiten. Kurz: Es war doch einfach so klar, dass sie ständig Probleme
bekommen und ihre Nasen in Zeug stecken, das sie nichts angeht! Kann man
»Spannung« noch billiger aufbauen? Auch ein Kinderbuch sollte so etwas besser
können.
Apropos nicht vorhandene Spannung: Oh! Wie unerwartet! Da
will ein böser Geschäftsmann an die Geheimnisse der Farm! Hätte ich ja nie
gedacht! Ach herrjemine! Auf der Farm gibt es nicht nur Fabeltiere! Die
Farmmitarbeiter sind ja auch ach so besonders! Der hinkt, um zu verbergen, dass
er ein Satyr ist? Wär‘ ich nie drauf gekommen!
Jetzt mal ehrlich …
Gut, immerhin war das mit den feuerspeienden Kühen eine wirklich
witzige Idee. Man schreibe ein Fachbuch über die Haltung und Zucht von Drachen
und ersetzte jedes »Drache« durch »Kuh«. Fällt auch gar nicht auf! Was zu
wirklich skurrilen und lustigen Sätzen führt. Die Idee mochte ich wirklich.
Am Ende des Romans bleiben etliche Fragen offen, die zu
beantworten nicht Aufgabe des zweiten Bandes sein sollten. Wie ist zum Beispiel
der Weg des gestohlenen Dracheneis zu verstehen? Und warum läd Onkel Gideon die
Kinder überhaupt ein, wenn er erstens eigentlich nur eine blasse Figur im
Hintergrund ist und zweitens eigentlich eher genervt von den Kindern wirkt?
Weil sie zur Familie gehören? Weil Keks? Fragen über Fragen und keine Antworten
…
Eigentlich ist man für Kinderbücher ja nie zu alt.
Eigentlich … Ich bleib dann wohl doch lieber bei Narnia und Puh der Bär. Denn
das hier war trotz der von der Grundidee her coolen Farm ein eher lahmer Roman
voller Humor, der auch mit Drachen einfach nicht zündet und dessen Plot absolut
vorhersehbar ist. Wenigstens am tollen Cover kann man sich erfreuen.
Autor: Tad Williams & Deborah Beale
Titel: Tinkerfarm: Die Drachen der Tinkerfarm
Sprache: Deutsch
Original: The Dragons of the Ordinary Farm
Übersetzung: Hans-Ulrich Möhring
Umschlagillustration: Kerem Beyit
Innenillustrationen: Jan Reiser
Reihe: Band 1
Seiten: 380
Originalpreis: 20,00€
Verlag: Klett Cotta Hobbit-Presse
Genre: Fantasy
ISBN: 978-3-608-93821-0
Erscheinungsjahr: 2009
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Die Kommentarfunktion auf dem Blog ist abgestellt, um Spam zu vermeiden, aber auch, weil ich all der relativierenden "Ja, aber ...!"-Kommentare müde wurde, die sich mehr und mehr häuften, besonders bei Posts, die keine reinen Rezensionen waren. Ihr könnt mich immer noch über Twitter erreichen.
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.