© Sigrid Kraft, Quelle: Amazon |
Hinweis: Die
Rezi erschien vor knapp zwei Jahren auf Amazon, ich habe sie nun für den Blog
noch einmal etwas überarbeitet.
Wenn ich könnte, würde ich »Ardeen Band 2: Neue Wege« von
Sigrid Kraft null Sterne geben. Ich wünsche mir die Möglichkeit mit dieser
Reihe wirklich sehr, denn der eine Stern signalisiert mir, dass wenigstens
irgendwas daran gut ist. Das ist nicht der Fall, wie ich bereits in meiner
Rezension zum ersten Teil deutlich machte.
Die verzweifelte Suche einen Weg ins Nimrod zu finden setzt
sich fort. Gezielte Forschungen bringen Meister Raiden diesem Ziel stetig
näher, auch wenn der große Durchbruch noch nicht in Sicht ist.
Währenddessen werden Eryn und Ravenor mit verschiedensten
Aufgaben bedacht, denen sie sich mit Intelligenz, Witz und Schlagkraft stellen.
Dabei begeben sie sich auch auf Reisen, um mehr über Eryns Herkunft zu
erfahren.
Als sich dann aber der Schleier lüftet, werden Wahrheiten zu
Tage gefördert, die am besten im Dunklen geblieben wären …
(Quelle: Amazon)
Ich möchte besagte Rezension an dieser Stelle kurz
zusammenfassen, da viele Punkte dort auch hier leider noch immer gelten. Für
genauere Ausführungen verweise ich auf meine erste Rezension.
Noch immer finden sich viel zu viele Fehler im Text:
Zeichenfehler, Rechtschreibfehler, unvollständige Sätze, Leerzeilen mitten im
Satz und zu guter Letzt auch hier wieder wechselnde Anredeformen.
Der Einstieg ist pro Forma dieses Mal etwas besser gelungen,
da er keine schnöde Beschreibung der Umgebung und des Charakters ist. Trotzdem
ist schon der erste Satz in keinster Weise ansprechend, sondern vielmehr
genauso langweilig und unkreativ erzählt wie alles, was danach noch kommt.
Auch dieser Band ist wieder ausgesprochen parataktisch
geschrieben, hypotaktische Sätze sind eine rare Ausnahme. Die einfache Sprache
erweckt wieder einmal den Eindruck, als würde mir ein Kind die Geschichte
erzählen. Die Wortwahl ist immer noch sehr einfach gehalten, lediglich hin und
wieder fallen störend Worte einer höheren Sprachebene ins Auge, die so nicht in
den Text passen. Gleichzeitig reflektieren die Charaktere jedoch auch
inkonsequent über die Redeweise anderer. So beschwert sich Ravenor beispielsweise
an einer Stelle über die »geschwollene Redeweise« anderer, spricht aber im
selben Augenblick von »Satisfaktion«. Genau solche Wörter wie »Satisfaktion«
hat er nur Atemzüge vorher bemängelt, verwendet sie aber dennoch selbst.
Dieses Mal gibt es jedoch auch das andere Extrem: der
inflationäre Gebrauch von Schimpfwörtern selbst in der Narration. Er wirft ein
extrem schlechtes Bild auf die Narration insgesamt und ist zudem äußerst
störend. Man wird stellenweise förmlich mit Schimpfwörtern übelster Couleur
bombardiert und es will augenscheinlich kein Ende mehr nehmen. Dabei ist es
nicht so, dass nur Charaktere der Unterschicht und der übelsten Sorte so
sprechen. Nein, das zieht sich durch alle gesellschaftlichen und gebildeten
Schichten in der Welt.
Die trockene Narration des ersten Teiles ist hier nur noch
stellenweise anzutreffen, wird jedoch durch eine monotone Gedankenrede ersetzt.
Die Charaktere müssen ausnahmslos alles in Gedanken ausführlich kommentieren,
dass man sich schon fragt, ab wann sie auch kommentieren, dass sie sich nun
erleichtern müssen.
An dieser Stelle kommt wieder einmal das Problem der
verschiedenfarbigen Schrift ins Spiel: Die Autorin ist nicht in der Lage,
einfach anzusprechen, wer gerade spricht oder vor allem denkt, geschweige denn
anzuführen, in welcher Art und Weise dies geschieht. Stattdessen ist sie
zusammen mit ihrem Verleger der Ansicht, dass Farbe die Lösung des Problems
ist. Tatsächlich ist genau diese Farbe das Problem, besonders dann, wenn man
ein Lesegerät besitzt, das keine Farben darstellen kann.
Jedem Charakter ist eine Farbe zugeordnet, in welcher er
denkt. Diese Farben sind zum einen häufig sehr unglücklich gewählt, da sie oft
sehr grell sind, und zum anderen ist der Leser gezwungen, sich jedes Mal zu
merken, welche Farbe welchem Charakter zugeordnet ist. Denn aus dem Kontext
geht dies selten wirklich eindeutig hervor. Es passiert nicht selten, dass man
auf einem einzigen Bildschirm (und ich lese auf der Kindle App am Handy!) zwei
oder sogar manchmal drei verschiedene Personen im inneren Monolog hat, sodass
auch nie wirklich klar ist, auf welcher Person soeben der Fokus liegt, was für
zusätzliche Verwirrung sorgt. Die Seiten wirken dadurch, als sei jemand
mehrmals mit verschiedenen Farbeimern darüber ausgerutscht. Durch die häufig
fehlende Spezifizierung des inneren Monologs beziehungsweise der direkten Rede
ergibt sich das Bild einer monotonen Rede, in der alle Beteiligten auf jegliche
Aussprache und Betonung verzichten.
Wörter der deutschen Grammatik entsprechend aneinander reihen
kann jeder. Die Kunst ist es, diese Wörter wohlklingend erscheinen zu lassen.
Daran scheitert es hier an allen Ecken und Enden.
Weiterhin fehlt natürlich auch hier das Lektorat, andernfalls
hätte man weder farbige Schrift im Text gefunden, noch folgende Punkte, die ich
auch in Teil eins beobachtet habe. Diese sind:
- Fettgedruckt, unterstrichen
- Leerzeilen statt Absätze (und das auch noch nicht einmal
konsequent)
- Capslock
- Wortwiederholungen
- Satzzeichen, welche im Rudel auftauchen (will explizit
heißen: !!! und andere)
- Fontwechsel (speziell für Band 2)
- Listen (speziell für Band 2)
Ganz besonders negativ fiel mir dieses Mal jedoch die
Autorenanmerkung mitten im Fließtext auf. Wenn die Autorin nicht in der Lage
ist, ihren teilweise völlig überflüssigen Infodump in den Fließtext einzubauen,
dann soll sie ihn doch bitte einfach weglassen, statt ihre Leser aus dem
Lesefluss zu reißen.
Weiterhin bleibt der Kritikpunkt der fehlenden Linguistik
bestehen. Die Namen sind allesamt wortwörtlich ohne Sinn und Verstand zusammengewürfelt,
und das Wort »unhaer« kann es so nicht geben, da zwischen der Sprache von
Ardeen und dem Deutschen niemals Sprachkontakt stattgefunden hat. Auch das
Lexikon wird weiterhin nach Lust und Laute ins Englische gewechselt. Nebst den
bereits im ersten Teil genannten Wörtern »Sir«, »Lady« und »scannen« kommt nun »Pussy«
hinzu, eines der bereits angesprochenen Schimpfwörter. Fast könnte man meinen,
dass die Autorin mit ihrem Werk irgendwie »cool« und »jugendlich« wirken
möchte, auch wenn ihr das bei weitem nicht gelingt.
Das geht auch mit der Charakterisierung der Charaktere
einher. Ravenor und Eryn sind beide Mitte zwanzig, also tatsächlich sogar älter
als ich, benehmen sich aber wie zwei fünfzehnjährige Teenager, die gerade
entdecken, wie man Sex haben kann – und vor allem, dass das ja toll ist. Sie
albern kleinkindlich herum, spielen Streiche und zeigen gar und gar keine
Reife. Sobald Brüste vorbeiwackeln, scheinen sie und insbesondere Ravenor nur
noch mit ihren Schwänzen denken zu können.
Insbesondere Eryn entwickelt sich von einem Charakter ohne
jegliche Tiefe in diesem Teil zu einem extrem nervigen Charakter ohne jegliche
Tiefe. Er jammert ständig, dass ihm dieses und jenes nicht passt, zickt herum,
setzt seinen eigenen Dickschädel durch, durchkreuzt ständig anderer Leute Pläne
und schlussendlich rettet er trotz allem allen den Allerwertesten und ihm
gelingt alles. Kurz gesagt: Er ist eine zickende Gary Stu, was insbesondere
deswegen problematisch ist, weil er einer der Hauptcharaktere ist und der Leser
das die ganze Zeit über ertragen muss.
Auch in diesem Band gibt es wieder etliche Ungereimtheiten im
Verhalten der Charaktere und auch Logikfehler in der Narration. So werden beispielsweise
die Stufen eines seit vielen Jahren versiegelten Grabes als »ausgetreten«
bezeichnet. Der Leser fragt sich: Ausgetreten wovon? Staubpartikeln in der
Luft? Wohl kaum, denn die Toten können es ja nicht gewesen sein und sonst
befindet sich niemand in diesem Raum. Es wäre ordentliches Worldbuilding
gewesen, wenn klar wäre, dass es sich hier um eine alte Kultstätte handelt,
aber danach sucht man vergeblich
Weiterhin sieht Ravenor auf einmal in Prinz Raiden nicht mehr
seinen Vater. Wann ist das geschehen? Der Umstand wird einfach mitten in der
Narration erwähnt, nachdem es zuvor noch die ganze Zeit hieß, Ravaenor würde um
die Anerkennung seines Vaters kämpfen. Wieder einmal wurde das Schreibprinzip »Show,
don’t tell« in sein Gegenteil verkehrt, wie es schon im ersten Teil so oft
geschah. Dem Leser werden die Dinge vorgefertigt präsentiert, ohne einen
wirklichen Prozess darstellen zu können.
Ein weiterer erheblicher Kritikpunkt ist wieder einmal Eryn:
Noch im ersten Teil wurde er massiv von Raiden gefoltert, welcher ihm sogar die
Hand abschlug. Auch jetzt noch wird er von Raiden unterdrückt, ist für ihn kaum
mehr als ein Laufbursche und wird von ihm regelmäßig beschimpft, geschlagen und
als Nichtsnutz verspottet. Eryn hasste die Magie zu Beginn, denn sie ging
seinem damaligen Weltbild komplett zuwider. Warum auch das inkonsistent ist,
legte ich bereits in der ersten Rezension dar.
Eryns Hass auf Raiden muss also sehr groß sein. Aber nein,
stattdessen ist er ihm sogar dankbar! Er ist seinem Folterer dankbar dafür,
dass er ihm seine Heimat und seine alten Werte und Normen stahl und ihm seine
Identität wegnahm. Denn Eryn sagt selbst, dass er sich nicht mehr sicher ist,
ob er überhaupt noch ein Fenn ist, und wenn er das nicht mehr ist, was er denn
dann sei.
Generell vermisse ich den gesellschaftlichen Unterschied.
Gelegentlich werden die »Wilden aus den Bergen«, also die Fenn, angesprochen,
aber das war es dann auch schon. Schon im ersten Teil verhielt es sich so: Eryn
ist jetzt in Ardeen und schon scheinen alle eine Art Amnesie erlitten zu haben,
die sich nur sporadisch auflöst. Es wird kaum einmal angesprochen, dass Eryn
kein Einheimischer ist, ihn selbst stört es allerdings auch augenscheinlich
nicht, dass ihm seine Heimat genommen worden ist. Wieder einmal: Das einzige,
was uns gegeben wird ist »Tell« aber kein »Show«, ist eine Wiedergabe von
Ereignissen, aber keinerlei Emotionen, die nicht in irgendeiner Weise
maskenhaft und aufgesetzt wirken.
Generell fehlt diesem Band der rote Faden. Eryn ist jetzt da,
lernt Magie … und lernt Magie. Ja, und? Weiter? Gelegentlich geht er mal an
diesen Ort und macht das und dann geht er dahin und macht das. Es gibt keinen
Spannungsbogen, stattdessen aber einzelne Episoden, die kein Gesamtbild
ergeben. Es könnte genauso gut eine Sammlung von Kurzgeschichten sein, die
irgendwie miteinander verknüpft wurden, um den Versuch eines
gesamteinheitlichen Werkes zu ergeben. Auch dieser Versuch scheiterte wie alle
anderen Versuche vor ihm.
Schließlich und schlussendlich verstehe ich nicht, warum das
Magiesystem so hoch gelobt wird. Kurz gesagt: Es existiert in dieser Reihe
nichts, das die Bezeichnung »System« verdient. Die Magie wird in zwölf Kreise
eingeteilt, stellvertretend für zwölf verschiedene Schulen der Magie. Doch ist
das bei weitem nichts neues, den Gedanken, Magie in Disziplinen zu unterteilen,
hatten schon viele vorher. Und mehr ist tatsächlich nicht gegeben. Eryn lernt
Magie. Schön und gut. Manches ist schwerer, manches leichter. Aber warum? Wie
funktioniert die Magie, die er wirkt? Woher kommt sie, was unterscheidet die
einzelnen Disziplinen? Nichts davon ist gesagt, wo mit auch nichts die
Bezeichnung »System« rechtfertigt.
Das Fazit meiner ersten Rezension trifft auch hier wieder zu:
Was man falsch machen kann, wurde falsch gemacht. Die einzige Kreativität, die
sich zeigt, ist die Art der Fehler. Die Erzählung selbst ist unausgereift,
inkonsistent und weist keinerlei Schönheit und Ästhetik auf. Die Autorin hätte
vielleicht besser Illustratorin werden sollen, denn die gelegentlichen Bildchen
sind das einzige, was hier halbwegs anschaubar ist.
Autor: Sigrid
Kraft
Titel: Ardeen:
Neue Wege
Sprache: Deutsch
Umschlag- und
Innenillustration: Sigrid Kraft
Reihe: Band 2
Seiten: 512
Originalpreis:
7,99€
Verlag: Fahnauer
Verlag
Genre: Fantasy
ASIN: B00HWZZ2D6
Erscheinungsjahr:
2013
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