Märchen sind etwas für Jung und Alt. Tatsächlich bekamen
Märchen erst relativ spät den Stempel der Gute-Nacht-Geschichten für Kinder
aufgedrückt. Und Kunstmärchen sind ohnehin noch einmal eine völlig andere
Seite. In diese Tradition möchte sich auch »Magenta Zwiebelberg: ein Märchen«
stellen, ein Roman von Betty Berger.
Magenta will eigentlich nichts weiter als normal sein. Das
ist sie jedoch zu ihrem Leidwesen nicht. Denn egal, was sie tut, das Wasser
will einfach keine Wellen schlagen. Springt sie in Pfützen, passiert nichts, kein
Kräuseln, kein Platschen. Dasselbe, wenn sie Steine ins Wasser wirft oder gar
selbst hinterher springt. Als der Sommer den See austrocknet und eine Höhle
freilegt, wird ein altes Monster wach. Und plötzlich erweist sich Magentas
Nichtfähigkeit als Vorteil, als das Monster Sharfeyn anfängt, Kinder zu rauben,
und Magenta sie retten will.
Ehe ich zum Inhalt komme, möchte ich ein paar Worte zum
Layout verlieren. Das mache ich sonst nie, weil es für mich eigentlich keine
Rolle spielt. In diesem Fall komme ich aber nicht umhin. Das Cover selbst hat
eine gute Grundidee, die den Inhalt des Buches aufgreift, hapert jedoch an der
Umsetzung. Der Titel ist auf dem Hintergrund erschwert zu lesen, stärker tritt
dies noch bei dem Klappentext auf der Rückseite hervor, der wirklich kaum zu
lesen ist. Weiß auf aufspritzendem Wasser ist keine gute Idee. Der Satz selbst
wartet mit einem mir nicht ganz ersichtlichen Gebrauch von Leerzeilen auf, der
für mich nicht nachvollziehbar mit normalen Absätzen wechselt. Hinzu kommen
CAPSLOCK, ein verschnörkelter, mitunter schwer zu lesender Font für die alte
Sprache des Monsters sowie ein fast schon beliebig wirkender Gebrauch (oder
Nichtgebrauch) von Kommata. Abgesehen davon finden sich jedoch keine
Rechtschreibfehler im Text, was immerhin etwas ist.
Formatierung ist halt doch etwas, das in einigen Fällen (wie
diesem) nicht immer den besten Eindruck hinterlässt.
Nun aber zum Inhalt. Am meisten konnten die Zwerge
begeistern, die Sharfeyn bewachen sollten, der ihnen aber ausbüxte, weil der
Mechanismus, dessen Teil die Zwerge sind, kaputt ist. Sie haben definitiv
Charakter und sind individuell. Immer, wenn sie auftraten, hatte das Lesen
besonders viel Spaß gemacht.
Die andere Seite ist Ralph, ein weiterer Wegbegleiter
Magentas. Er blieb anders als die Zwerge die ganze Zeit über blass und wollte
als Charakter einfach nicht so wirklich aus den Seiten hervortreten.
Auch Magenta, die von den Dorfbewohnern zur Antagonistin
gemacht wurde, konnte in dieser Rolle nicht ganz überzeugen. Genauer: Es
überzeugt nicht, wie sie überhaupt dazu gemacht wurde. Ganz zu Anfang wird die
Dorfhexe Frau Drollich vorgestellt, die definitiv nicht den Eindruck macht, von
der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen zu sein, indem sie beispielsweise
stigmatisiert wird. Viel mehr wirkt sie wie ein harmonischer Teil dessen und
wird von den anderen Bewohnern durchaus akzeptiert. Wie es dazu kommt, dass
Magenta als »Hexe« mit eindeutig negativer Konnotation stigmatisiert wird,
leuchtet vor diesem Hintergrund wirklich nicht ein.
Die Hexen des Romans sind übrigens der vielleicht
deutlichste Punkt, weshalb man hier nicht unbedingt von einem Märchen reden
kann – zumindest keinem, das der Tradition der Volksmärchen folgt. Ebenjene
haben für bestimmte Personen, wie zum Beispiel die Hexen, sehr genaue
Vorstellungen. So heißt es in Hänsel und Gretel beispielsweise: »Die Alte hatte
sich nur so freundlich angestellt, sie war aber eine böse Hexe, die den Kindern
auflauerte, und hatte das Brothäuslein bloß gebaut, um sie hereinzulocken. Wenn
eins in ihre Gegenwart kam, so machte sie es tot, kochte es und aß es, und das
war ihr ein Festtag. Die Hexen haben rote Augen und können nicht weit sehen,
aber sie haben eine feine Witterung, wie die Tiere, und merken’s, wenn Menschen
heran kommen.« (KHM 15) Offensichtlich trifft nichts davon auf Magenta oder
Fräulein Drollich zu.
Insgesamt liest sich das Buch aber durchaus ganz nett, wenn
auch mit ein paar Abstrichen. Die Geschichte selbst unterhält recht gut und ist
nicht auf die langweiligste oder unkreativste Art aufgezogen. Damit kann das
Buch also durchaus ganz nette Unterhaltung bieten, wenn man das eine oder
andere Mal ein Auge zudrückt.
Kann man also über Dinge wie das Cover und die Formatierung
hinweg sehen, findet man sogar noch ein paar Abstriche weniger. Das Buch kann
durchaus eine gewisse Unterhaltung bieten und hat dabei seine Stärken und
Schwächen.
Ich danke der Autorin für die Bereitstellung des
Rezensionsexemplares!
Autor: Betty Berger
Titel: Magenta Zwiebelberg: ein Märchen
Sprache: Deutsch
Umschlagsillustration: B. Berger
Reihe: Nein
Seiten: 268
Originalpreis: 8.45€
Verlag: Selbstverlag
Genre: Fantasy
ISBN: 978-3740728168
Erscheinungsjahr: 2017
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