Robert Corvus ist für düstere
Fantasy immer zu haben – sowie für angenehme Standalones im Meer der
überproportionierten, regalfüllenden Epen. Mit »Drachenmahr« tischt er einen
weiteren solchen Roman auf, Magie und Action kommen hier nicht zu kurz. Und das
alles vor der Kulisse eines furchterregenden Drachens!
Seit vielen Jahren lebt die Stadt
Koda im Schatten der Kathedrale. Ebenjene beherbergt einen schrecklichen
Drachen, zugleich Tyrann und Gefangener der Stadt. Er wird gefürchtet, doch
gleichzeitig auch verehrt, denn ohne seine Magie könnte die von einem
undurchdringlichen Moor umgebene und von rachsüchtigen Geistern bedrohte Stadt
nicht überleben. Zarria, Gardistin der Wache, will einen Mord aufklären, wird
dabei jedoch immer tiefer in den Sumpf der Intrigen der Herrschenden gezogen.
Bald schon erkennt sie, dass im Zentrum des Intrigennetzes der Drache steht.
Mit ihm steht und fällt alles.
Es steht Robert Corvus drauf und
es ist auch Robert Corvus drin. Sein Name steht für düstere Fantasy, Action
(häufig nicht gerade zimperlich) und starke Frauenfiguren – und vor allem sehr
cooles Worldbuilding. Das alles wird dem Leser auch in »Drachenmahr«
präsentiert.
Zarria ist eine Frau, die sich
durchzusetzen weiß. Das hat sie mit vielen von Robert Corvus‘ weiblichen
Hauptfiguren gemeinsam, und es ist immer wieder sehr schön zu lesen. Das
weinerliche Mauerblümchen, das auf seinen Prinzen wartet, sucht man hier
vergebens. Viel eher ist es hier die Dame selbst, die sich vor dem bösen
Ungeheuer errettet. Frauenpower ist angesagt! Zarria weiß sich in ihrer Welt zu
behaupten und stellt sich mutig allen Herausforderungen. Selbst wenn sie dafür
dem Drachen direkt vor sein Maul tritt.
Das Worldbuilding war ebenso
wieder einmal großartig. Die Handlung spielt die ganze Zeit in der Stadt, was
gleichzeitig auch ein wenig deren Isoliertheit durch das umgebende Moor und die
darin hausenden Geister wiederspiegelt. Die Besonderheit der Lage spiegelt sich
auch in der Wirtschaft der Stadt wieder, da sie vollkommen von der Magie des
Drachen abhängig ist, der Nahrung und Rohstoffe herbeizaubern kann.
Corvus gelingt es wunderbar, eine
düstere, unheimliche Atmosphäre aufzubauen. Die Draken, die Jungen des Drachen,
sind eine allgegenwärtige Bedrohung, ebenso die Geister, die einem schon einmal
den einen oder anderen Schauer bescheren können. Auch führt Zarrias Weg sie
häufig in die Kanalisation der Stadt sowie in deren verfallenere Gegenden, was
noch einmal die düstere Atmosphäre der Handlung unterstreicht. Wobei die
Geister und das Umland der Stadt nicht selten gewisse Erinnerungen an die erste
Mistborn-Trilogie von Brandon Sanderson weckten …
Tja, und dann natürlich der
Drache selbst! Cool! Er ist groß, er ist toll, er ist mächtig und gefährlich,
selbst in Gefangenschaft. Natürlich ist das ein riesiger Pluspunkt des Romans!
Ein paar kleine Schönheitsflecken
hat das Buch allerdings. Am Ende habe ich etwas den Faden verloren, und während
des Lesens kam ich auch nicht immer mit allen Charakteren mit, wer jetzt nun
wer ist. Bei letzterem hilft allerdings das Glossar am Ende. Ein wenig
Bauchschmerzen hatte ich auch mit dem Kult der Mönche, welcher ganz
offensichtlich das Christentum ist. Am Ende des Romans werden ein paar Städte
erwähnt, die ich ergoogelte: Für Ustarbad werden mir nur Ergebnisse in
Verbindung mit dem Roman angezeigt und Kalai ist laut Wikipedia ein
Personenname sowie eine Kommune in Angola. Aber ob das reicht, um sagen zu
können, dass Koda in unserer Welt liegt? Das scheint mir zu wenig, von daher
werde ich nicht ganz warm damit, dass der Roman an einem augenscheinlich
fiktiven Ort spielt (wobei es laut Wikipedia in Georgien und Russland zwei Orte
mit Namen Koda geben soll) und es dann nicht nur Anleihen an das Christentum
gibt, sondern selbiges tatsächlich auch namentlich erwähnt wird. Das passt
einfach nicht.
Trotzdem, der Roman bleibt auf
jeden Fall eine Empfehlung für Fans düsterer Fantasy und Drachenliebhaber. Von
beidem gibt es hier mehr als reichlich.
Autor: Robert Corvus
Titel: Drachenmahr
Sprache: Deutsch
Umschlagillustration: Melanie
Miklitza
Reihe: Nein
Seiten: 391
Originalpreis: 12,99€
Verlag: Piper
Genre: Fantasy
ISBN: 978-3-492-28015-0
Erscheinungsjahr: 2015
Weitere
Rezensionen
- Nenatie
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