Denn ich fresse nicht nur Jungfrauen!

Freitag, 23. Februar 2018

Rezension: A Natural History of Dragons (The Memoirs of Lady Trent #1) von Marie Brennan

Wer träumt nicht davon, einen leibhaftigen Drachen erforschen zu dürfen? Marie Brennan nimmt ihre Leser zusammen mit Lady Trent in »A Natural History of Dragons« auf eine abenteuerliche Reise hinaus aus dem viktorianischen Heim einer jungen Dame und mitten hinein in ein wildes Abenteuer voller Drachen.

Isabella ist ein aufgewecktes Mädchen – für ein Mädchen ihres Standes etwas zu aufgeweckt. Eine tote Taube auszuweiden, um zu sehen, was in ihr drin ist, gehört sich einfach nicht, erst recht nicht für eine Tochter eines feinen Hauses. Isabella hat eine Leidenschaft für Flügel, besonders für Drachenflügel und überhaupt für Drachen an sich, doch sich mit Naturkunde zu befassen, wird als nicht angemessen für eine junge Dame angesehen. Isabella hat jedoch Glück, dass ihr Vater sie an einen nachsichtigen Ehemann, Jacob Camherst, verheiratet. Sie ist umso glücklicher, als Jacob ihr erlaubt, ihn mit auf eine Expedition in Drachengebiet zu begleiten. Sie erwartet ein großes Abenteuer, ahnt jedoch nicht, wie groß dieses Abenteuer wirklich wird und welche Bedeutung ihre Entdeckungen haben werden.


Das Buch ist geschrieben, als sei es ein tatsächliches Memoir der mittlerweile alternden Lady Trent, die auf ihr Leben zurückblickt. Der erste Teil der Reihe »A Natural History of Dragons« schaut auf ihre jungen Jahre und die Wurzeln ihrer Reputation als bedeutende Drachenforscherin zurück. Der Stil des Memoirs ist daher vielleicht etwas eigen, aber gerade das lässt das Buch aus der Masse an Fantasy herausstechen: Es ist einmal etwas erfrischend Anderes.

Das bringt lediglich den Nachteil mit sich, dass einige der Charaktere und die Beziehung zwischen einigen Charakteren hinten über fallen. Lady Trents Fokus liegt eben auf ihrer Entwicklung als Drachenforscherin, worin ihre Familie bis auf ihren Vater, der sie an einen nachsichtigen Ehemann verheiratete, anscheinend keine große Rolle spielte. Daher fehlt so ein wenig die Dynamik zwischen Tochter und Eltern. Auch die Entwicklung ihrer Beziehung zu Jacob, ihrem Ehemann, bleibt eher blass und lässt sich nur erahnen.

Dafür bekommen wir ein sehr genaues Bild von Lady Trent. Sie ist ein wirklich bemerkenswerter Mensch. Der Roman spielt in einer komplett erdachten Welt, jedoch mit viktorianischen Anlehnungen vor allem in der Kultur der Menschen. So ist es für die junge Isabella zum Beispiel ganz und gar nicht angebracht, sich für Naturwissenschaften zu interessieren. Das tut sie jedoch mit einer solchen Leidenschaft, dass auch ihrem Vater klar wird, dass ihr das nicht auszutreiben ist, ohne ihr jegliche Lebensfreude zu nehmen. Isabella schafft es jedoch, sich in einer Gesellschaft durchzusetzen, die ihr mehr »weibliche« Beschäftigungsfelder vorschreiben will, in denen sie jedoch größtenteils keine Freude findet. Trotz allem gesellschaftlichen Druck schafft sie es sich durchzusetzen und kommt schließlich an ihre Drachen und damit zur Erfüllung ihres Lebenstraumes. Zudem kann sie dabei auch noch mit ihrem Intellekt beeindrucken und sich somit in gewissen Kreisen eine kleine Reputation aufbauen.

Überhaupt ist Isabella ein faszinierender Charakter. Es ist eben doch nicht normal, mit neun Jahren auf die Idee zu kommen, eine tote Taube zu sezieren. Mich haben in diesem Alter zwar im Fernsehen auch fast nur die Naturdokus interessiert, dennoch wäre ich entgegen Isabella nicht auf die Idee gekommen, mich mit Fachliteratur zu diesem Themenfeld zu beschäftigen – oder eben tote Tiere aufzuschneiden, um zu sehen, was drin ist. Das macht Isabella zu einem ungewöhnlichen Charakter, der immer wieder mit seinem Umfeld und dessen gesellschaftlichen Normen in einem Spannungsfeld steht. Zu sehen, wie sie damit umgeht und die Situation zu ihrem Besseren wenden will, ist faszinierend.

Isabella erinnert an Shallan aus Brandon Sandersons Stormlight Archive – wenn auch mit dem Unterschied, dass dort die Wissenschaften ein nahezu ausschließlich weibliches Beschäftigungsgebiet ist und sich Shallan da nicht erst gegen diese Art von gesellschaftlichen Normen stemmen muss. Trotzdem: Beide sind starke, durchsetzungsfähige junge Frauen, die einen außergewöhnlichen Intellekt besitzen und sich gegen alle Widrigkeiten durchbeißen können.

Auch wenn das Buch als Memoir geschrieben ist, so ist es doch ein waschechter Abenteuerroman. Auf in den wilden Westen! Nur eben mit Drachen. Das Buch macht viel Spaß beim Lesen und bietet eine Menge Kurzweil. Hinzu kommt der naturwissenschaftliche Aspekt, der in dieser Reihe ein zentrales Motiv ist. Wir erfahren viele Details über die Drachen, vor allem die rock-wyrms, die in diesem Buch im Fokus stehen; ein Exemplar dieser Rasse ist auch auf dem Cover abgebildet. Die vielen Details beeindrucken sehr.

Als i-Tüpfelchen obendrauf ist das Design des Buches ein echter Hingucker. Nicht nur das Cover sieht umwerfend aus, auch im Buch selbst gibt es einige wirklich gelungene und sehenswerte Illustrationen von Örtlichkeiten und vor allem Drachen, die im Buch auftauchen.

Alles in allem ist das Buch eine ausgesprochene Empfehlung für alle Liebhaber der Fantasy und vor allem für die, die endlich mal wieder einen vernünftigen Drachen-Roman lesen wollen. Eine starke Frauenfigur, Abenteuer satt und Drachen obendrauf. Was will man mehr?


Autor: Marie Brennan
Titel: The Memoirs of Lady Trent: A Natural History of Dragons
Sprache: Englisch
Umschlag- und Innenillustration: Tedd Lockwood, Rhys Davies
Reihe: Band 1
Seiten: 351
Originalpreis: £7.99
Verlag: Titan Books
Genre: Fantasy
ISBN: 978-1-783292400
Erscheinungsjahr: 2014


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2 Kommentare:

  1. Hi!

    Schön dass es dir auch so gut gefallen hat. Es ist ja doch sehr ungewöhnlich, aber gerade deshalb fand ich es auch so toll :) Freu mich schon auf den nächsten Band!

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Auf Englisch sind ja zum Glück schon alle erschienen <3

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