Werbehinweis: In
diesem Beitrag finden sich Links zu Shops. Dies sind keine Affiliate-Links, ich
verdiene also kein Geld damit, indem ich sie verlinke. Außerdem gibt es keine
versteckten Abofallen, ihr seid auch nicht zum Kauf verpflichtet, wenn ihr darauf
geht. Ganz normale Links also.
Triggerwarnung: Ich gehe
auf Tierquälerei (Mulesing) ein, poste aber keine konkreten Bilder davon.
Viele tolle Wolle und doch erstaunlich viel Leid |
Das Thema Umweltschutz wird immer präsenter, denn es ist
höchste Eisenbahn. Wir haben mittlerweile 5 nach
12 und es muss jetzt sofort gehandelt werden. Ich hoffe mal, dass das vielen
meiner Leser*innen bewusst ist, weshalb ich da jetzt nicht tiefer darauf
eingehen möchte. Stattdessen möchte ich mich in diesem Post mit den
Umweltaspekten von Handarbeiten befassen. Dazu hatte bereits meine Freundin
Augurey auf Twitter und StoryHub
einige Informationen zusammengetragen. Sie hat mir erlaubt, das alles in diesem
Blogpost noch einmal zu veröffentlichen. Vielen Dank dafür!
Kleiner Hinweis, falls ihr es nicht mitbekommen habt: Ich
habe einen Twitteraccount für meine Handarbeiten gestartet. Ihr findet ihn
unter WooldragonDE. Da gibt es
dann hoffentlich auch ab nächstem Jahr einen offiziellen Shop mit Handarbeiten.
Umweltaspekt von Wolle
Wir sind uns alle einig, dass es immer besser ist, etwas
selbst zu machen, statt es im Laden zu kaufen und damit wer weiß was für
Verbrechen an Mensch, Tier und Umwelt zu unterstützen. Aber auch bei Wolle sei
aufgepasst! Wusstet ihr, dass Wolle aus Deutschland sogar als Abfallprodukt
gilt? Total absurd für mich! Die meiste Wolle, die es so im Laden zu kaufen gibt,
stammt aus Australien oder Neuseeland. Das Problem dabei ist, dass die Wolle
erst einmal die ganze Welt durchquert, um auf unseren Nadeln zu landen. Die CO2-Emission
dadurch ist enorm – und könnte so einfach durch regionale Wolle gesenkt werden.
Ein weiteres Problem dabei ist die Chemie. Viele Wollen
haben chemische Beimischungen wie Polyamid (so gut wie immer auch in
Schurwollgarn für Socken zu finden, die Standardmischung ist da 75% Schurwolle
und 25% Polyamid). Solche Stoffe sind nicht biologisch abbaubar. Zudem kommt
viel Chemie in der Behandlung von Wolle zum Einsatz, zum Beispiel das
Superwash-Verfahren, damit Sockenwolle nicht filzt. Beim Superwash, auch
Hercosett-Verfahren genannt, wird die Wolle mit Chlor behandelt, das danach in
das Grundwasser gelangen kann.
Wolle, egal aus welchem Material, ist nun einmal ein Textil
und hat damit häufig auch dieselben sozialen Probleme, wie das Shirt für 5€ bei
H&M: Kinderarbeit und Ausbeutung der Arbeiter*innen. Aber nicht nur
Menschen kommen bei der Produktion unserer Wolle zu schaden, vor allem auch die
Tiere leiden häufig darunter. Das Stichwort lautet Mulesing.
Schafe werden heutzutage mit möglichst vielen Hautfalten
gezüchtet, um mehr Wolle zu produzieren. Um aber einen Befall mit Fliegenmaden
zu verhindern, wird den Schafen die Haut am und um den After ohne
Betäubungsmittel entfernt, damit sich dort glattes Narbengewebe bildet. Brutal
und grausam! Das Verfahren ist in Deutschland zum Glück verboten, ist in
Australien und Neuseeland aber noch immer gängige Praxis. Eben genau da, wo die
meiste Wolle her kommt.
Auch die Schur selbst ist für die Tiere oft sehr stressig
und schmerzhaft. Die Arbeiter*innen werden häufig nicht nach Zeit, sondern nach
Wollgewicht bezahlt, das heißt, sie schubsen und treten die Tiere und oft kommt
es zu Verletzungen, die sich entzünden können.
Nun lieben wir alle bunte Wolle, oder? Auch nicht ganz ohne.
Denn bei der Färbung kommen umweltschädliche Chemikalien zum Einsatz. Wolle
muss wie so viele Textilien häufig vor dem Färben gebeizt werden, damit die
Fasern aufgebrochen werden und so die Farbe besser halten kann. Ein leider
notwendiges Verfahren, wenn man eine andere Farbe als die Naturfarbe haben
möchte.
Zum Glück aber gibt es praktikable und umweltschonende
Alternativen!
Durch das Paradox, dass Wolle in Deutschland als
Abfallprodukt gilt, ist Wolle aus Deutschland erstaunlich billig. Da zahlt eins
gut und gerne mal schlanke 4,50€ für 100g naturbelassener Schurwolle, wo eins
anderswohl für dasselbe Produkt gern das Doppelte hinblättert. Ich bin aus
allen Wolken gefallen, als ich die Preise sah, weil ich mit wesentlich mehr
gerechnet habe!
Schafe sind in Deutschland essentiell für den Erhalt unserer
Kulturlandschaften. Und Schafe produzieren kuschelige Wolle. Win win! Eins muss
sich nur ein klein wenig umsehen und findet sehr schnell eine lange Liste an
Schäfereien, die ihre Wolle verkaufen, gerne auch mit angeschlossener
Spinnerei, die die verarbeitete Rohwolle unter die Leute bringt. Es gibt eine
ganze Reihe bedrohter Schafsrassen, viele dieser Schäfereien setzen sich für
den Erhalt dieser Rassen ein. Habt ihr schon einmal die Wolle des Coburger
Fuchsschafs gesehen? Sie hat einen wunderschönen Goldton!
Die EU hat eine ganze Reihe von Auflagen, die dem Tierwohl
dienen. Nicht alle davon sind ausreichend und genügend, aber es ist immerhin
ein guter Schritt in die richtige Richtung. Das Verbot von Mulesing zum
Beispiel.
Lokal zu kaufen, ist immer wesentlich umweltschonender.
Außerdem können wir so den Erhalt bedrohter Arten sowie lokaler
Kleinunternehmer und Familienbetriebe unterstützen.
Eine gute Orientierung dabei sind auch Siegel. KbT oder kbA
zertifizierte Textilien weisen auf kontrolliert biologische Tierhaltung bzw.
kontrolliert biologischen Anbau (z.B. bei Baumwolle) hin. Das GOTS Siegel steht
für Global Organics Textile Standards und wird als weißes Shirt auf grünem
Grund dargestellt. »[Der Satndard] ist als weltweit führender Standard für die
Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern anerkannt. Auf
hohem Niveau definiert er umwelttechnische Anforderungen entlang der gesamten
textilen Produktionskette und fordert gleichzeitig die Einhaltung von
Sozialkriterien.« (Zitiert nach GOTS am 4.8.19
um 16:55). Weitere Siegel sind OEKO_TEX, Biosiegel (z.B. Bioland-Schäfereien)
und Fair Trade Waren.
Ein ganz heißer Tipp ist es übrigens auch, einfach mal auf
den Herstellerseiten vorbei zu schauen. Opal beispielsweise geht da mit super Beispiel voran. Es gibt noch zahlreiche andere Hersteller, die immer mehr
auf tier- und umweltfreundliche Wolle setzen und ihre Wolle teils gänzlich
naturbelassen verkaufen.
Wolle kann auch vegan sein! Ich entdecke beispielsweise
immer mehr Baumwolle für mich für meine Strick-und Häkelarbeiten. Baumwolle ist
ein gänzlich pflanzlicher, nachwachsender Rohstoff, den wir alle zur Genüge
kennen. Um 1kg Baumwolle herzustellen benötigt man allerdings 25.000l Wasser,
auch ein Aspekt, den eins im Auge behalten sollte. Einen schönen Überblick über
vegane Alternativen bietet dieser Artikel. Darin wird auf Alternativen eingegangen wie Hanf, Bambus, Leinen
und sogar Algen, aber auch Lyocell, Sojaseide und Modal aus Buchenholz.
Wer es ganz besonders umweltfreundlich haben möchte, recycelt.
Der alte Wollpulli hat ausgedient? Warum nicht einfach auftrennen und aus dem
Garn etwas Neues machen. Immer beliebter werden auch sogenannte Shirtgarne.
Dazu werden alte Shirts oder gar ganze Bettlaken (an denen sich die Motten ganz
besonders gerne gütlich tun) in gleichmäßige lange Streifen geschnitten. Oder
auch nicht so gleichmäßig, je nachdem wie eins es gern hat. Dann werden die
Streifen gespannt, damit sie sich einrollen, und zu einem langen Garn
verknüpft. Je breiter der Streifen, umso dicker das Garn.
Die Anbieter
Nun noch zu einigen konkreten Anbietern. Opal ist ja bereits
genannt worden. Die Marke hat verschiedene Projekte am Laufen. So zum Beispiel
die Schafspatenschaft, bei der die Wolle zu 100% aus Deutschland kommt und
regionale Schäfereien unterstützt, sowie die Kollektion Regenwald, bei der ein
Teil des Erlöses an die Aktion »Rettet den Regenwald« geht.
Rosy Green Wool: Rosy
Green Wool produziert hauptsächlich in Patagonien, Südamerika. Die Wolle ist
jedoch GOTS-zertifiziert und damit mulesingfrei und Arbeiter*innen werden
fairer bezahlt. Im Sortiment ist reine Wolle, teilweise zum Selbstfärben. Ein
kleiner Teil der Wolle stammt von vom Aussterben bedrohter Schafsrassen aus Großbritannien
und wird für die Jahrgangswolle »Manx« verwendet. Rosy Green Wool verzichtet
außerdem auf das Superwash-Verfahren, was neben den Chemikalien auch armen
Regionen schadet.
Natürliche Wolle:
Das ist ein kleiner Onlineshop, der sich für mulesingfreie Bio-Wolle ohne
Chemie und Ausbeute von Menschen einsetzt. Hier finden sich unter anderem
Wollen von bedrohten Schafsrassen aus kleinen Zuchten oder Biolandbetrieben. Farbenfreude
dürft ihr hier allerdings nicht erwarten, die Farben der Wollen sind eher weiß,
natur und braun, eben »natürlich«. Auf das selbst Färben gehe ich allerdings
weiter unten noch einmal ein. Der Shop führt zudem noch ein paar andere Sachen.
Schoppel Wolle:
Schoppel ist eine Marke, die ihre Produktionsstätten in Deutschland hat und
eine wahre Farbplosion bietet. Auf der Startseite verspricht Schoppel nur
mulesingfreie Wolle aus Deutschland und Patagonien zu verwenden. Ein paar
Kollektionen sind besonders interessant: »Alb Lino« und »Alb merino« verwendet
Wolle von Schafen von der Schwäbischen Alb, ergo aus Deutschland. Und die
Kollektion »Bio Merino« ist GOTS zertifiziert. Die Website der Marke richtet
sich an gewerbliche Händler. Aber es gibt auch eine Händlersuche für
Privatleute. Schoppel ist ebenfalls eine bekannte Marke, genau wie Opal.
Die Maschen zum Glück: Und wieder bietet sich uns eine wunderschöne Farbplosion! Auch das ist ein Onlineshop, der nur zu 100% nach
Herstellerangaben mulesingfreie Wolle führt. Die Masche zum Glück unterstützt
kleinere Händler und legt Wert auf Transparenz. Außerdem werden nur Naturfasern
verwendet und es werden auch regionale Wollen angeboten – wie eben zum Beispiel
Schoppel.
Finkhof: Der Finkhof ist
eine Schäfereigenossenschaft, die in den 70er Jahren entstand. Auf der Seite
ist der Onlineshop der Schäferei zu finden. Hier gibt es Bioland-Wolle aus
Deutschland. Die Sockenwolle enthält zudem keine Synthetik. Finkhof ist auch
der erste Anbieter dieser Liste, bei dem ich Wolle gekauft habe. Sie sollte die
Tage ankommen und ich bin schon sehr gespannt!
Das goldene Vlies:
Das ist ebenfalls eine Genossenschaft von Bioland. Hier wird die Wolle eines
bedrohten Schafes verwendet: Das Coburger Fuchsschaf. Die Wolle stammt von
kleinen Schäfereien aus Deutschland und Österreich. Die Bestellung ist etwas
altmodisch (E-mail ist das modernste), aber es sind farbenfrohe Wollen dabei.
Außerdem gibt es eine Liste mit lokalen Händlern.
Wolle und Garne:
Auch dieser Online Shop führt verschiedene Naturgarne und Labels, unter anderem
GOTS. Schoppel ist gut vertreten, hier sind allerdings auch Wollen aus GB
dabei.
Diese Liste wurde von Augurey zusammengetragen. Danke dafür
und ganz viel Liebe! Sie hat hier eine noch umfassendere Liste zusammengestellt.
Zur Umweltverträglichkeit
von Färben
Da naturfarbene Wolle zwar erst einmal ganz hübsch ist, aber
tolle Farben alles schlagen, kann eins natürlich auch selbst färben, um die
Umweltschäden durch die industrielle Färbung zu umgehen. Ist auch billiger. Es
gibt dazu verschiedene Methoden, zum Beispiel das Färben mit
Lebensmittelfarben, Ostereierfarben, speziellen Textilfarben oder
Pflanzenfarben.
Vorab: Ich persönlich habe noch keine Erfahrung mit dem
Färben von Wolle, gebe hier also nur wieder.
Wolle muss so gut wie immer vor dem Färben behandelt werden,
damit sie später die Farbe aufnimmt und in der Faser behält. Das kann vor oder
während des Färbens passieren, indem das Beizmittel zur Farbe dazu gegeben
wird.
Das Färben mit Lebensmittel- und Ostereierfarben funktioniert
ziemlich ähnlich. Eins muss aber darauf achten, dass die Ostereierfarben Warm-
bzw. Heißfarben sind und die Lebensmittelfarbe nicht zu viel Zucker enthält, da
der Zucker sonst bei der Wärme karamellisiert und die Wolle klebt. Ich
persönlich mag mein Karamell jetzt nicht unbedingt mit Wollanteil … Es soll
wohl angeblich auch mit mehr Zucker in der Farbe gehen. Bei beiden Methoden
wird einfach Essig zum Beizen verwendet. Also alles sehr umweltverträglich und
die Farbe kann sogar hübsch gemischt werden.
Eine andere Methode des Färbens ist mit Textilfarben bzw.
Säurefarben. Diese Seite listet die Inhaltsstoffe
der Textilfarbe »Simplicol Textilfarbe intensiv Nachtblau«. Diese sind
überwiegend Konservierungsstoffe und Stoffe, die den pH-Wert stabilisieren
sollen. Die Stoffe können allerdings allergische Reaktionen und
Hautirritationen hervorrufen. Es sind, wie ich das beurteilen kann, also Stoffe,
die unbedenklich im Waschbecken ausgespült werden können, jedoch für eins
selbst Nachteile haben kann. Wer weiß allerdings, was alles bei der Herstellung
passiert … Dazu konnte ich leider nichts finden.
Für Säurefarben kann ich leider keine solche Inhaltsliste
finden, die Säure, die dafür verwendet wird, ist allerdings auch handelsübliche
Essig-Essenz. Die Farben kommen allerdings häufig in Pulverform und können ohne
entsprechenden Atemschutz die Lunge reizen.
Und dann gibt es noch die Pflanzenfarben. Vielleicht mag es
da nicht immer die ganzen tollen chemischen Farben geben, dafür wachsen die
Grundlagen dafür überall um uns herum und eins weiß genau, was alles drin ist.
Herumexperimentieren, welcher Pflanzenteil welche Farbe ergibt, soll sehr
lohnend sein. Auch hier muss bei den allermeisten Farben die Wolle erst
vorbehandelt werden. Ich halte Pflanzenfarben für die beste Alternative, auch
wenn es auch da natürlich Allergien geben kann. Es gibt allerdings ein großes
Aber: die Beizmittel.
Ich habe Listen gefunden, die für
die Beize Alaun, Kupfersulfat (+Essig), Eisensulfat, Zinkchlorid und
Kaliumdichromat aufführen. Da habe ich dann doch erst einmal geschluckt. Nichts
davon wird in sonderlich großen Mengen verwendet, sondern in dünnen Gemischen
von 2% bis 8% (je nach Beizmittel und pro Kilo Wolle sind das dann vielleicht
20g) verwendet, aber selbst solch geringe Mengen werden unter Laborbedingungen
gesondert entsorgt. Man will das nun wirklich nicht im Grundwasser haben.
Ich suche aktuell nach Informationen, ob das Beizen
stattdessen auch mit Essig geht. Geht ja bei den anderen Alternativen auch.
Sobald ich etwas gefunden habe, trage ich es hier nach.
So toll selbstgemachte Sachen auch sind, eins kann doch
erstaunlich viel Leid damit unterstützen. Ich hatte mir schon länger gedacht,
dass ich da vielleicht mal recherchieren sollte, war dann bei einigen Dingen
doch sehr erstaunt, wie schlimm es eigentlich ist. Aber ich bin auch sehr, sehr
froh, dass es so tolle Alternativen gibt! Ich werde in Zukunft verstärkt
regional kaufen und selbst färben. Vielleicht geht es ja mit Essig und Naturfarben
doch.
Guten Morgen,
AntwortenLöschendanke für die schöne und hilfreiche Übersicht! :)
Ich habe seit Jahren nicht gehäkelt (und stricken immer noch nicht gelernt) und habe noch haufenweise Wollreste liegen... Beim Selbstkaufen habe ich damals immerhin darauf geachtet, Bio-Baumwolle zu kaufen, aber mir sonst wenig Gedanken gemacht. :/ Wenn ich hoffentlich bald wieder Zeit zum Häkeln finde, werde ich definitiv sorgfältiger einkaufen. :)
Schöne Grüße
Alica