Die Frage nach dem Wer ist, denke ich, relativ leicht zu
beantworten und sollte den meisten bewusst sein. Auch wenn es da ein paar
interessante Kleinigkeiten in der HoME gibt, die nicht jedem bewusst sind.
Beispielsweise war Elrond nicht nur Gil-galads Herold, sondern auch sein
Hofharfenist (das sagt er in einer rausgekürzten Version (»The book is too
short«, jepp) des Ringrates in der HoME 6). Außerdem wuchs er mit Elros auf dem
Amon Ereb auf, während im Silmarillion dazu nur eine recht unbestimmte Aussage
existiert.
Aber das nur am Rande. Die Frage nach dem Was ist da schon
weitaus interessanter. Wie das mit den Halbelben und der (Un)Sterblichkeit ist,
behandle ich ein andermal. Die Frage nach seiner Volkszugehörigkeit sollte
allerdings durchaus einmal gestellt werden: Sieht sich Elrond als Noldo oder
als Sinda?
Ich finde die Frage relativ klar zu beantworten: Noldo.
Dennoch wäre auch Sinda nicht völlig abwegig. Väterlicherseits über Earendil
stammen er und Elros von den Noldor und vom Hause Hadors, dem Dritten Haus der
Edain, ab. Mütterlicherseits stammen sie von den Sindar ab sowie vom Haus
Beors, dem ersten Haus der Edain – sowie, das sollte nicht vergessen werden,
auch von den Maiar, denn Melian ist unter ihren Vorfahren. Das macht 6/16
Mensch, 9/16 Elb und 1/16 Maia (das steht lustigerweise sogar im Wikpedia Artikel, wo ich das
gerade nachgeschaut hatte, weil ich das schon mal ausgerechnet hatte, es aber
wieder vergessen hatte und es nicht noch mal rechnen wollte).
Elros, welcher sich dafür entschied, den Sterblichen zugehörig
zu sein, und der erste König Númenors wurde, ließ sich nicht entweder zur
Abstammungslinie Beors oder zur Abstammungslinie Hadors zählen, sondern gründete
schlicht sein eigenes Haus, auf dessen Linie auch Aragorn und sein Haus Telcontar
(was Streicher heißt) zurückzuführen ist, weshalb dieser Elrond als den
ältesten und weisesten seiner Stammesvorfahren nennt.
Elrond hat keine so klare Ansage, wenn man so will. Allerdings
gibt es etliche Dinge, die doch für die Noldor sprechen. Da ist zum Einen der
Fakt, dass die Zwillinge von Noldor großgezogen wurden, namentlich besonders
Maglor. Und mein Headcanon ist, dass sie Maglor und Maedhros viel eher als ihre
Familie ansehen, als Earendil und Elwing, an die sie wahrscheinlich nicht
einmal eine Erinnerung haben. Bedenken wir immerhin, dass sie noch Säuglinge
waren, als Maglor sie fand und aufnahm.
Außerdem war er Gil-galads Herold und wahrscheinlich so
etwas wie seine rechte Hand, was ihm enorme Macht im letzten großen Königreich
der Noldor gab. Es ist sogar durchaus sehr wahrscheinlich, dass er als
Gil-galads Erbe angesehen wurde, immerhin war er zu dem Zeitpunkt der letzte
lebende männliche Nachfahre Finwes in Mittelerde, was schlicht keinen anderen
Erben zuließ, da Gil-galad kinderlos starb. Dass Elrond nie offiziell als Hoher
König ausgerufen wurde, liegt, denke ich, daran, dass es nach dem Letzten Bund
schlicht nichts mehr zu regieren gab für ihn. Was er aber auf jeden Fall war,
war Vizeregent in Eriador, zu dem Gil-galad ihn nach dem Krieg in Eregion
ernannte. Imladris lag an einer günstigen Stelle, um von dort aus und von
Lindon, wo Gil-galad sein Reich hatte, den Norden zu überwachen und den Feind
zurückzudrängen.
Außerdem hat Elrond viel von Maglor, was auch meine Annahme
stützt, dass er herzlich wenig Bande zu seinen leiblichen Eltern hegt. Da wäre
zum einen das Detail, dass er die Harfe spielt, als er mit Frodo zu den
Anfurten reist und er außerdem, wie bereits angesprochen, Gil-galads
Hofharfenist war. Wenn man von Maglor großgezogen wird, kommt man mit
Sicherheit nicht um Musikunterricht herum, immerhin wird Maglor nebst Daeron
von Doriath als der größte Sänger Mittelerdes bezeichnet.
Zum anderen, und das halte ich für ein noch stärkeres
Argument, gibt es dieses Gespräch mit Gimli, als die Gefährten von Bruchtal
aufbrechen:
At that moment Elrond came out with Gandalf, and he called
the company to him. ‘This is my last word,‘ he said in a low voice. ‘The
Ring-bearer is setting out on the Quest of Mount Doom. On him alone in any
charge laid: neither to cast away the Ring, nor to deliver it to any servant of
the Enemy nor indeed to let any handle it, save members of the Company and the
Council, and only then in gravest need. The others go with him as free
companions, to help him on his way. You may tarry, or come back, or turn aside
into others paths, as chance allows. The further you go, the less easy will it
be to withdraw; yet no oath or bond is laid on you to go further than you will.
For you do not yet know the strength of your hearts, and you cannot forsee what
each may meet upon the road.‘
‘Faithless is he that says
farewell when the road darkens,‘ said Gimli.
‘Maybe,‘ said Elrond, ‘but let him
not vow to walk in the dark, who has not seen the nightfall.‘
‘Yet sworn word may strengthen
quaking heart,‘ said Gimli.
‘Or break it,‘ said Elrond. ‘Look
not too far ahead! But go now with good hearts! Farewell, and may be the
blessings of Elves and Men and all Free Folk go with you. May the stars shine
upon your faces!‘ (The Lord of the Rings, Book II, Chapter III)
Und das ist die Stelle, die mich sagen lässt, dass Elrond
sich nicht nur als Noldo sieht, sondern gar als Feanorer. Wobei man an dieser
Stelle berechtigterweise fragen könnte, ob Galadriel, die den Sippenmord von
Doriath mit Sicherheit in nicht allzu guter Erinnerung hat, es zugelassen
hätte, dass ihre Tochter so jemanden heiratet. Wie dem auch sei, diese Worte
erinnern mich sehr stark an den Eid Feanors und besonders an das, was daraus
erwuchs. Elrond und Elros erlebten Maglor und Maedhros am Ende ihres Weges,
nachdem ihr Eid beinahe alles in den Ruin getrieben hatte. Sie so zu erleben,
muss, denke ich, ein enorm prägender Eindruck gewesen sein, selbst wenn man sie
nicht anders kennt. Die Erfahrungen mit dem Eid flossen mit Sicherheit in
Maglors Erziehung mit ein, etwas anderes kann ich mir einfach nicht vorstellen.
Dann gibt es natürlich noch diese eine Stelle im
Silmarillion, die zufällig auch noch meine absolute Lieblingsstelle in allen
Büchern ist: »For Maglor took pity upon
Elros and Elrond, and hie cherished them, and love grew between them, as little
might be thought.« (Quenta Silmarillion, Chapter 24) Wobei ich das gar nicht für
so unwahrscheinlich erachte, wie Tolkien das hier darstellt. Klar, ursprünglich
waren sie Gefangene der beiden letzten Feanorer, aber sie waren zu dem
Zeitpunkt noch Säuglinge (wenn auch bereits fünf Jahre alt, aber Halbelben
wachsen anscheinend anders als Elben und Menschen).
Steile These, aber ich bin überzeugt davon, dass Elrond sich
als Feanorer sah.
Mein Headcanon wird übrigens interessanterweise von den
Filmen gestützt. Schaut man genau hin, sieht man an jeder Ecke in Bruchtal
achtzackige Sterne. Das können natürlich auch nur Dekoelemente sein, weil es
Elben ja so sehr mit den Sternen haben. Das kann aber genauso gut Feanors
Wappen sein.
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