Manche Menschen spüren, dass sie von Kindesbeinen an zum Autor
geboren sind. So erging es auch der jungen Sara Raasch, die mit »Schnee wie
Asche«, dem Auftakt ihrer Trilogie, diesen Traum verwirklichen konnte.
Allerdings sind Leidenschaft und Herzblut, so gut sie auch sein mögen, nun mal
kein Garant dafür, dass der nächste Weltbestseller entsteht.
Meira ist eine der letzten Überlebenden des Königreichs Winter,
das vor sechzehn Jahren vom verfeindeten Königreich Frühling angegriffen wurde.
Die Bewohner Winters sind versklavt und die Magie des Reiches in Form eines
Magsignie genannten Amuletts wurde vernichtet. Zusammen mit den wenigen
Überlebenden formt Meira eine verzweifelte Widerstandszelle. Doch zehn
ausgehungerte Rebellen gegen ein ganzes Königreich? Dennoch wagt es Meira,
gegen Frühling vorzugehen, als ihr zu Ohren kommt, dass die verschollenen
Amuletthälften wieder aufgetaucht sind. Die letzte Hoffnung ihres Volkes liegt
auf ihren Schultern.
So weit, so gut. Irgendwie erwartet man nach dieser
Inhaltszusammenfassung vor allem ein Roman, in dem die Protagonistin in
irgendwelchen entlegenen Winkeln herumkraucht, dem Amulett nachjagt und
überhaupt allerhand Abenteuer quer durch die ganze Karte erlebt. Das, was der
Leser dann am Ende bekommt, hat damit nur bedingt etwas zu tun, und das war in
mehrerlei Hinsicht enttäuschend, nicht nur, weil man nicht wirklich das
bekommt, was man erwartet.
Der Weltenbau ist durchaus interessant und macht neugierig. Wir
haben die acht Magsignien, Amulette, in denen die Magie der jeweiligen
Königreiche begannt ist. Derer gibt es ebenfalls acht: vier
Rhythmus-Königreiche und vier Jahreszeitenkönigreiche. Mit den Magsignien
können die Herrscher bestimmte Eigenschaften ihrer Untertanten verstärken, zum
Beispiel Mut und Kraft. Mehr Magie gibt es nicht, weil die Quelle der Magie
schon vor langer, langer Zeit verloren ging.
An und für sich eine interessante Ausgangssituation. Leider geht
das völlig unter langweiligen Charakteren und einem 08/15 Plot verloren. Jahrelang
begleitet Meira Mather, einen der wenigen Überlebenden, Altersgenosse und
zukünftiger König von Winter – sollte das Reich jemals wieder auferstehen. Die
beiden gehen durch dick und dünn und sind beste Freunde für’s Leben. Ganz
nebenbei sind beide auch noch ineinander verknallt, aber das darf ja nicht
sein, weil er der König ist und sie ein Niemand (das merken wir uns mal bitte).
An und für sich geht das alles aber gut und ein sonderlich großer innerer und
äußerer Konflikt entsteht dadurch nie. Sobald Mather aber an einer Stelle
zusammen mit anderen durchtrainierten Männern mit nacktem Oberkörper erscheint,
fliegt Meira förmlich das Höschen weg und sie verfällt in Begattungsstarre.
Ach, auf einmal?!
Außerdem bringt uns das diese Stilblüte ein: »Mathers
Bauchmuskeln, die aussehen, als könnten sie einen Kuhnacken durchtrennen,
wirken neben Theron und drei duzend anderen Soldaten nicht mehr ganz so umwerfend.« (S. 188) Mir fliegt
auch gleich was weg, und das ist ganz bestimmt nicht mein Höschen, sondern
etwas deutlich stabileres.
Erinnern wir uns Meiras Stellung in der Gesellschaft: gemeines
Fußvolk, das zufällig in die Position des letzten Widerstandes eines
untergegangenen Volkes geriet. Das macht sie aber immer noch nicht zu einer
politisch wichtigen Person, jedenfalls nicht für ein anderes Land außer Winter
und Frühling, den beiden Konfliktparteien. Dennoch wenden sich die Rebellen
mitsamt Mather an eines der Rhythmus-Königreiche, um ein Bündnis mit ihm gegen
Frühling zu erwirken. Und was ist der Preis? Meira soll an den Kronprinzen des
Reiches verheiratet werden. Wieso? Es erschließt sich mir absolut nicht. Sie
hat keinerlei Wert für das Reich, da sie auch für Winter nicht diese Bedeutung
nach außen hin hat. Warum sollte man darauf eingehen und den eigenen
Kronprinzen an irgendwen verheiraten? Meira kann (zu diesem Zeitpunkt) nichts
von Wert zu diesem Bündnis beitragen.
Zu diesem Zeitpunkt. Das ist das Stichwort. Denn wie es der Zufall
so will, ist natürlich an Meira viel mehr dran, als es das Auge zunächst sieht.
Der Roman kommt mit einer Menge Tropes daher und arbeitet diese nicht
sonderlich kreativ auf. Rebellen, die für ihre Freiheit kämpfen, verschollene
Erben, all der Kram.
Zusätzlich wartet er auch noch mit einer Fülle an Logikfehlern
auf. Da gab es diese Stelle, wo noch einmal extra betont wird, dass die
Magsignie eines Landes aus Grund XY keinen Einfluss auf die Bewohner eines
anderen Landes hat. Eine Seite später passiert aber genau das. Wozu wurde das
dann also etabliert und dann noch mal extra betont, um eine Seite später über
den Haufen geworfen zu werden?
Als ich ein Foto der ersten Seite des Romans auf Twitter postete,
entbrannte übrigens eine sehr interessante Diskussion darum, was alles auf
dieser einen einzigen Seite mit dem Schwertkampf falsch läuft. Zusammengefasst
ist dies: Meira trainiert seit fünf Jahren den Schwertkampf, kann aber weder
blocken, noch kennt sie Fachtermini oder kann überhaupt vernünftig mit dem
Schwert umgehen, was über »unkontrolliertes Fuchteln« hinausgeht. Mathers
Trainingsmethoden lauten: »Mach das so, weil Keks.« Außerdem scheint er Gummiarme
zu haben, denn er kann mit der »dumpfen« (sic, nicht etwa der stumpfen) Schwertseite
Meira in die Kniekehlen schlagen, während sie sich beide gerade frontal
gegenüber stehen und einander in die Augen schauen. Das scheint Meira übrigens
nicht sonderlich zu beeindrucken. Tut ja auch gar nicht weh, so ein Stück
harten Stahl in die Kniekehle zu bekommen. Wie gesagt: Das war die allererste
Seite.
Wir haben also eine Menge inhaltlicher Fehler und Logiklücken,
sowie ein schlampiges Lektorat und die Übersetzung war auch nicht immer die
beste.
Das macht den Roman zu einem kleinen Happen für zwischendurch. Es
ist ok, wenn man ihn gelesen hat, aber sonderlich bereichernd war er nicht. Ein
durchaus Interesse weckender Weltenbau geht unter einem Haufen langweiliger
Charaktere und Widersprüchen unter.
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TMG
Reiheninformation
Autor: Jana Seelig
Titel: Schnee wie Asche
Original: Snow Like Ashes
Sprache: Deutsch
Übersetzung: Antoinette Gittinger
Umschlagillustration: Jeff Huang
Reihe: Band 1
Seiten: 464
Originalpreis: 24,99€
Verlag: cbt
Genre: Fantasy
ISBN: 978-3-570-3969-8
Erscheinungsjahr: 2015
Hallo lieber Bücherdrache!
AntwortenLöschenBeim Lesen deiner Rezension habe ich nicht nur einmal den Kopf geschüttelt. Eigentlich stand das Büchlein auf meiner Wunschliste, aber da ist es jetzt definitiv wieder runter gewandert. Wie dich auch, nerven mich solche Logikfehler sehr. Wobei ich mir nie sicher bin, ob da die Übersetzung einfach nicht passt, oder ob die Fehler von vornherein drin sind.
Wegen des Schwertkampfthemas: Erst vor Kurzem habe ich mit meiner Mutter über ein Buch gesprochen, in welchem das Ski fahren eine große Rolle spielt. [Nun komme ich aus Österreich, wohne ganz in der Nähe des nächsten Skigebiets und stand schon mit fünf auf den Skiern.] Die Autorin schreibt ausführlich über diesen Sport, war aber offensichtlich noch nie auf einer Piste, so viele an den Haaren herbeigezogenen Dinge wie in dem Buch zum Ski fahren standen. Nicht anders wird es hier mit dem Schwertkampf sein. Schade!! Wenigstens ein bisschen erkundigen sollte man sich schon zu den Fähigkeiten und Fertigkeiten des eigenen Protagoisten. Insgesamt lässt mich deine Rezi also enttäuscht zurück, dennoch danke für deine ehrliche Meinung. Ich greife dann gerne zu einer anderen Fantasy Reihe.
Liebste Grüße
Nina von
Hallo,
LöschenIch glaube, solche Fehler sind von vornherein drin, da kann eine Übersetzung ja nur bedingt was graderücken.
Das fuchst mich auch total, wenn über ein Thema, bei dem ich mich gut auskenne, in Büchern ein Haufen Murks steht!
Und ich glaube, es gibt genug gute Fantasy Reihen da draußen, die noch auf einen warten. Da ist es um eine vielleicht nicht wirklich schade.
Liebe Grüße