Ein Volk, das nur aus Kindern besteht? Ihre Eltern geraubt
von geheimnisvollen Geistern? „Klingt spannend!“, dachte ich mir, als mir „Der
verletzte Himmel“ von Isa Day in die Hände geriet.
Und fürwahr, es ist auch spannend. Das Volk der Arrya wurde
aus seiner alten Heimat vertrieben. In ihrem neuen Heim in Erriadan haben sie
jedoch längst nicht alle Gefahren hinter sich gelassen, ganz im Gegenteil! Die
Bewohner fürchten die Fremden und entführen alle Erwachsenen. Nur die Kinder
bleiben zurück. Es gelingt ihnen zu überleben, doch knapp zehn Jahre später
sind die alten Streitigkeiten immer noch nicht vergessen. Zu allem Überfluss
reißt Sinjhar die Herrschaft über die Kinder an sich und bringt Zwist in ihre
eigenen Reihen, als er zum Krieg gegen die Geister aufruft.
Auf wunderbare Weise entführt die Autorin Isa Day ihre Leser
in die wilden Wälder von Erriadan. Der erste Teil der Reihe bietet mit seinen
etwas über 200 Seiten spannende und kurzweilige Unterhaltung. Die Kürze dieses
Buches ist gerade deswegen so angenehm zu lesen, weil die Autorin es schafft,
aus weniger mehr zu machen. Die Charaktere entwickeln sich und auch die Welt
entfaltet sich nach und nach vor den Augen des Lesers. Insbesondere durch die
Chronik von Joshis und Marcins Großmutter erfahren wir viel über die spannende
Vergangenheit der Arrya, wie sie durch verschiedene Welten vor der Gefahr in
ihrer alten Heimat flohen.
Das einzige Punkt, wo mehr doch besser gewesen wäre, ist
Sinjhars Entwicklung. Zunächst ist Marcin der Anführer der Kinder. Leider wird weder
gezeigt, wie Sinjhar ihm die Führerschaft streitig macht, noch wie Sinjhar eine
immer grausamere Natur entwickelt und anders als früher mehr und mehr auf
Gewalt sinnt. So hat man zu diesen Aspekten der Handlung, die ja doch keine
geringe Rolle einnehmen, keinen wirklichen Bezug.
Darüber hinaus fiebert man mit den Kindern mit, insbesondere
mit Joshi und Jenna, seiner Geliebten, denn Joshi ist sterbenskrank.
Nichtsdestotrotz kämpft er für sein Volk und versucht, die Gefahr von ihm
abzuwenden.
Er zieht dabei die Chronik seiner ihm verhassten Großmutter
zu Rate, durch die er und damit auch der Leser viel über die Arrya lernen. So
erfährt man zum Beispiel, dass die Arrya Sonnenlicht gegenüber sehr empfindlich
sind und direkte Sonneneinstrahlung für sie tödlich ist. Auch deutet die
Großmutter an, dass sie womöglich die Gefahr aus ihrer alten Heimat in die neue
mitgebracht haben. Ein wenig scheint es auch, als ob die Arrya eine einst viel
höhere Kultur besaßen, die sie aber schon lange vor dem Niedergang ihrer alten
Heimat verloren haben. Man erfährt also eine Menge, doch dafür bleiben noch
viele Fragen offen, die hoffentlich im Folgeband geklärt werden.
Die Kinder überzeugen. Man merkt ihnen an, dass die ältesten
von ihnen gerade einmal elf gewesen waren, als ihnen ihre Eltern geraubt worden
waren. Ihnen fehlt also die Erfahrung ihrer Eltern, die ihnen hatten beibringen
können, wie sie in der Welt überleben. Sie sind auf sich allein gestellt und
haben es doch irgendwie geschafft zu überleben. Das prägt sie natürlich, sodass
sie sogleich kindlich unerfahren als auch für ihr Alter ausgesprochen reif
wirken. Es ist genau diese Kombination, die man auch erwartet hätte.
Alles in allem ist dies ein gelungener Roman, zum dem ein
Griff auf jeden Fall lohnt. Die Thematik, Fremdenfeindlichkeit sowie
Zerstrittenheit untereinander, wo Einigkeit von Nöten wäre, ist nichts Neues,
wurde aber in ein spannendes Gewand gehüllt.
Ich danke der Autorin für das Rezensionsexemplar!
Daten
Der verletzte Himmel
(Heiler-Roman #1):
ISBN 978-3-9524326-6-2, Pongü, 2016, 14,96€
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