In der so facettenreichen Fantasy tun sich hin und wieder
einzelne Autoren und Reihen besonders hervor. So auch die Welt der Shannaras
von Terry Brooks, welche einst als Schatten Mittelerdes begann, doch längst
daraus hervorgetreten ist. The Voyage of the Jerle Shannara ist eine Trilogie,
die die gefährliche Expedition des Druiden Walkers in unbekannte Länder begleitet.
Als ein halb toter Elf an der Küste angespült wird, beginnt
eine Zeit des Umbruchs. Denn dieser Elf ist der verschollene und totgeglaubte
Bruder des Elfenkönigs Ahren Elessedil, der bei sich die Karte zu einem
wertvollen Schatz trägt: die ebenso verloren geglaubten Elfensteine, die zu
suchen er vor dreißig Jahren aufgebrochen war. Der Druide Walker Boh ersucht
Ahren, um eine Expedition zu finanzieren, die die Elfensteine in einem fernen
und fremden Land zu suchen. Doch schon kurz darauf treten ihre Feinde in Aktion
und ermorden Ahren, um diese Expedition gar nicht erst zustande kommen zu
lassen. Mit seinem letzten Atemzug leitet Ahren jedoch alles in die Wege, damit
Walker dennoch aufbrechen kann. Er und seine Mannschaft werden dabei von
tödlichen Gegenspielern verfolgt: Der Ilse Witch und ihrem Meister, dem
Morgawr.
Das war mein erster Ausflug in die Welt von Shannara, im
Nachhinein stellte sich jedoch heraus, dass diese Reihe innerhalb des Zyklus
zwar unabhängig von den anderen Reihen gelesen werden kann, sie jedoch einige
frühere Ereignisse spoilert (so unter anderem die Serie), was ein wenig
ärgerlich war.
Das Worldbuilding sticht hier definitiv sehr heraus. Wir
befinden uns in einer postapokalyptischen Welt, genauer gesagt: unserer Welt.
Verheerende Kriege haben alle Länder gravierend verändert und die Menschheit
nahezu ausgelöscht. Aus den Resten der Menschen sind Gnome, Zwerge und Trolle
hervorgegangen, doch auch Wege zwischen den Dimensionen haben sich aufgetan,
durch die Magie sowie Elfen und Dämonen in die Welt gelangen konnten. Noch
immer finden sich Reste der alten Zivilisation der Menschen und letzte
technische Relikte. Darunter ist zum Beispiel auch der Supercomputer Antrax,
der die Ruinen von Casteldown bewacht, wohin Walkers Expedition ihn und seine
Begleiter führt, um die Elfensteine und magische Bücher mit Wissen aus der
alten Welt zu suchen. Dazu gibt es dann auch noch Steampunkelemente wie zum
Beispiel Luftschiffe.
Brooks vermischt damit klassische High Fantasy, die diese
Bücher immer noch vornehmlich sind, mit Elementen der Science Fiction, was
wirklich sehr, sehr cool ist und auch ebenso gut umgesetzt wurde. Da gilt es
dann zum Beispiel auf einmal, mit Magie und Schwertern gegen Cyborgs und
durchdrehende Computer zu kämpfen. So ein Kontrast kommt einem definitiv selten
unter die Finger, was eine sehr angenehme Abwechslung zum Einheitsbrei ist.
Ein wenig schmunzeln wird vielleicht der eine oder andere,
wenn er gewisse Eigennamen wiedererkennt: Elessedil (was an Elessar erinnert),
Faerie (aus Tolkiens Essay On Fairy-stories), Morrowindl (das Spiel The Elder
Scrolls III: Morrowind), Alt Mer (Altmer, die Hochelfen aus den Elder Scrolls
Spielen) und noch einige mehr. Mag natürlich Zufall sein, vielleicht aber auch
nicht.
Das Buch nimmt sich Zeit und stellt die wichtigsten
Charaktere neben Walker ausführlich vor. Auf der anderen Seite werden einige
andere Expeditionsteilnehmer nur kurz angerissen oder gar nicht groß
vorgestellt, was den Eindruck vermittelt, dass sie eher Kanonenfutter sind, die
im Laufe der Expedition hops gehen, damit es die Hauptprotagonisten mit Plot
armor nicht treffen muss. Das hat einen schalen Beigeschmack.
Eben weil manche Charaktere bei der Vorstellung gegenüber
anderen etwas hinten über fallen gelassen wurden, kommt man manchmal etwas
durcheinander, wer denn nun bei der Fülle an Charakteren wer war. Dadurch stolpert
man auch manchmal über die Handlung und läuft Gefahr, etwas zu überblättern und
nicht mehr ganz mitzukommen. Der rote Faden bleibt jedoch klar, außerdem gibt
es immer wieder Stellen, bei denen man plötzlich wieder völlig am Ball bleibt
und gar nicht mehr aufhören kann zu lesen, sodass ein paar Durststrecken dann
doch in Vergessenheit geraten.
Und es gibt einige Plottwists, die einen teils ziemlich vom
Hocker reißen. Wer ist denn nun der Junge Bek und wer ist eigentlich die Ilse
Witch? Das waren Dinge, die durchaus einen »Woah, wie cool!«-Ausruf auslösen
können.
The Voyage of the Jerle Shannara besticht in erster Linie
durch ihr phantastisches Worlbuilding. Bei den Charakteren stolpert sie
manchmal, sodass man nicht immer ganz folgen kann, hat aber auch wieder
Momente, wo sie einen völlig in der Hand hat. Insgesamt also auf jeden Fall
eine Empfehlung, die sich aus dem Einheitsbrei der High Fantasy löst und
gleichzeitig doch zu den Klassikern des Genres gehört.
Autor: Terry Brooks
Titel: The Voyage of the Jerle Shannara (Ilse Witch, Antrax,
Morgawr)
Sprache: Englisch
Umschlag- und Innenillustration: Russ Charpentier, Steve
Stone
Reihe: Band 1-3
Seiten: 1260
Originalpreis: £13.99
Verlag: Pocket Books
Genre: Fantasy
ISBN: 978-1-41650-204-3
Erscheinungsjahr: 2004
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