Neds Blut ist noch feucht, als Joffrey bereits seine
Rachgelüste an Sansa auslässt. Sie ist auf Rache aus, doch ehe es dazu kommen
kann, wird sie vom Hound aufgehalten. Und so beginnt Joffrey seine grausame und
von Willkür geprägte Herrschaft. Indes schickt Tywin, der zur Hand des Königs
ausgerufen wurde, an seiner Tyrion Stelle nach King’s Landing, um seinen Krieg
gegen Robb fortzusetzen. Dieser, am Boden zerstört wie seine Mutter, schwört
ebenfalls blutige Rache an den Lannisters und wird von seinen Gefolgsleuten zum
King in the North ausgerufen. Arya kann indes mit Yorens Hilfe entkommen und
beginnt ihren Weg nach Norden zur Night’s Watch. Und Daenerys Targaryen zeigt
zum Staffelende, was sie wirklich ist: ein Drache.
Der Anfang der Folge ist gnadenlos. Wir sehen das Schwert,
mit dem Ned getötet wurde und an dem noch sein Blut haftet. Ironischerweise ist
es sein eigenes, mit dem er stets Hinrichtungen vollstreckt hatte. Dem
Zuschauer bleibt nichts erspart, nicht sein Kopf, nicht seine kopflose Leiche
und auch nicht Sansas tiefe Verzweiflung, die sie sogar dazu hinreißt, Joffrey töten
zu wollen und damit ihr eigenes Leben zu verwirken. Nachdem sie vorher stets
kaum mehr als das kleine Täubchen war, als das Cersei sie immer bezeichnet, ist
das ein wahrlich krasser Wechsel – und vielleicht ein erster Schritt in die
richtige Richtung zu einem aktiv handelnden Charakter, der seine Geschichte
selbst in die Hand nimmt. Ich erwähnte es bereits vor einigen Kapiteln: Sansa
hatte mich zu Beginn mit ihrer Naivität sehr genervt und ich begrüße es selbst,
dass sie mittlerweile (Staffel 6) zu einem so starken und selbstbewussten
Charakter wurde.
(Um mal die Stimmung zu versauen: Bei der Szene, wo Joffrey
Sansa die Köpfe ihres Vaters und ihrer Septa zeigt, muss ich immer an das HISHE
denken – das ich übrigens nicht so lustig finde wie beispielsweise die zu den
Hobbit-Filmen.)
Joffrey selbst zeigt allmählich aller Welt, was er wirklich
ist: ein inzestuöser Bastard, bei dem einige Gene definitiv falsch
zusammengesetzt wurden. Nun, zugegebener Maßen, der Barde war auch nicht gerade
schlau, die Wörter „King Robert“ und „Lion“ zusammen in einem Lied zu
verwenden, sodass es noch deutlicher wurde, dass das ein Schmählied auf die
Lannisters ist. Joffrey jedoch hat keinerlei Hemmungen, ihm vor den Augen
seines Hofes die Zunge herausschneiden zu lassen, während er sich völlig
unbeeindruckt von der grausamen Verstümmelung zeigt.
Ich weiß nicht, was ich zu Rickon sagen soll. Hart? Bedenklich?
Beeindruckend? Er sitzt vielleicht schon seit Stunden in der dunklen Krypta.
Als Bran mit Osha dort hinabgeht, erzählt Rickon ihnen, dass er ihren Vater gesehen
hat. Kurz darauf bringt Maester Luvin die traurige Kunde … Ich find das ein
klein wenig gruselig, um ehrlich zu sein. Ich denke mal, dass das darauf
zurückzuführen ist, dass alle Stark-Kinder mehr oder weniger starke Wargs sind.
Wenn ich eines an Tolkien ganz besonders liebe, dann ist es
seine Fähigkeit seine Leser vollkommen mitzureißen. Habt ihr jemals dieses
Bedürfnis verspürt, zu eurem Speer und Schild zu greifen, und Seite an Seite
mit Éomer die Eorlingas in einen glorreichen Untergang zu führen? Ich ja. Und
genau das schafft die Serie hier, als die Schwerter gereckt werden und Robb zum
King in the North ausgerufen wird. Ich will jedes Mal ebenfalls mein Schwert
ziehen und rufe ungelogen selbst „The King in the North!“ aus, weil die Szene
mich so komplett mitreißt mit ihrer großartigen Stimmung.
Bemerkenswert fand ich auch Tywin. Seine Heeresführer
diskutieren über ihr weiteres Vorgehen, als er plötzlich laut wird und
dazwischenruft: „They have my son!“ Allein der Fakt, dass ausgerechnet Lord
Tywin laut wird, ist bereits bemerkenswert, doch was dann kommt, setzt dem Ganzen
die Krone auf. Er befiehlt Tyrion, an seiner Stelle Hand des Königs zu werden.
Dieser wundert sich zu Recht darüber, warum er und nicht beispielsweise sein
Onkel Kevan, und Tywin sagt ihm: „You are my son.“ Jetzt, wo sein bevorzugter
Sohn verloren ist und er ihn auch anscheinend rettungslos verloren sieht,
erinnert er sich plötzlich, dass er einen zweiten Sohn hat. Ich kann mir nur
schwer vorstellen, was da in Tyrion vor sich ging, immerhin ist Jaime sein
vielleicht einziger wahrer Freund, wird aber nun (wahrscheinlich widerwillig)
durch ihn ersetzt. Die „Liebe“ seines Vaters zu erhalten, hat er sich sicher
anders vorgestellt.
Die Gespräche zwischen Varys und Littlefinger bleiben
legendär. Während sie sich immer wieder höflich verkleidete Beleidigungen
zuwerfen, unterhalten sie sich darüber, wie sie sich selbst auf dem Eisernen
Thron sehen. Anfangs hatte ich das nur für Gerede gehalten, weil man immerhin
wirklich jedes Wort in der Serie auf die Goldwaage legen muss, doch
mittlerweile ist klar, dass Littlefinger in dieser Szene jedes Wort so meinte,
wie er es sagte.
Ganz ehrlich? Ich mag Grand Maester Pycelle, und wenn es nur
ist, weil er gelegentlich für Amüsement sorgt. In dieser Szene wirkt es
zunächst so, als würde er, der senile alte Mann, mit sich selbst reden, bis
klar wird: Er redet mit einer Hure, der alte Lustmolch! Als sie geht, macht er
noch einige kleine Dehnübungen seiner alten Knochen. Der alte Lustmolch tut
immer nur so tatrig! In Wahrheit ist der wesentlich fitter!
Jon war dieses Mal für einige Gänsehautmomente zuständig. Er
entscheidet sich, in einer Nacht und Nebel Aktion zu fliehen, um Robb
beizustehen, doch seine Freunde halten treu zu ihm und bringen ihn auf
beeindruckende Weise wieder zurück zur Night’s Watch: Sie rezitieren im Chor
den Eid und erinnern Jon an seine Pflichten – und seine selbstgewählte Familie.
Mormont weiß davon, doch er verzeiht Jon, als dieser, an seine Ehre erinnert,
zurückkehrte. Dann eröffnet er ihm, was er vorhat: Er will in den Norden reisen
und bekämpfen, was auch immer dort ist, und dafür will er Jon an seiner Seite
haben. Ich kann nicht einmal im Ansatz so gut wiedergeben, wie genial ich diese
Szene fand. Sie war einfach so beeindruckend!
Dany muss indes erkennen, wie naiv sie war, Mirri Maz Duur,
der Maegi, zu vertrauen. Denn diese hat zwar Khal Drogos Leben gerettet, doch
liegt er nun in einem Koma, dem Tod ähnlicher als dem Leben. Mirri Maz Duur
erklärt Daenerys frei heraus, warum sie dies tat: Bevor Dany sie „befreit“
hatte, war sie bereits mehrfach vergewaltigt worden, ihr Gotteshaus ist
niedergebrannt und all ihre Freunde und Verwandten starben bei dem Überfall
durch das Khalasar. Was ist also Leben noch wert, wenn alles andere verloren
ist? Ihre Rache an Dany ist hart und bitter, als sie an ihr vergeltet, was sie
selbst durchleiden musste. Und ganz ehrlich: So ganz unrecht hat die Maegi
nicht, man kann ihre Motive sogar ausgesprochen gut nachvollziehen.
Das Gnädigste, was Drogo jetzt noch widerfahren kann, ist
der Tod. Daenerys, die nach ihrer Todgeburt und dem Verlust ihres geliebten
Ehemannes selbst nichts mehr zu verlieren hat, verurteilt Mirri Maz Duur zum
Tode, gibt Drogo auf seinem Scheiterhaufen die Dracheneier bei und beschließt,
selbst in die Flammen zu gehen.
Ich kann diese Szene in- und auswendig mitreden, weil das
meiner Meinung nach eine der genialsten Szenen überhaupt in allen Staffeln ist.
Sie reißt mit, sie beeindruckt, sie verursacht Gänsehaut auf Gänsehaut und sie
ist schlicht unvergesslich und ein würdiges Staffelfinale. Szenen wie die
machen für mich Game of Thrones aus. Daenerys wird nun wahrlich zu einer
Targaryen. Ihre Familie hatte schon immer einen Hauch Magie an sich, und Magie ist
es auch, die in diesem einmaligen Moment mit ihr ist. Als der Scheiterhaufen
heruntergebrannt ist, sitzt sie unverletzt und nackt inmitten der Asche – und an
ihrer Seite drei Drachen. „[A]nd for the first time in hundreds of years the
night came alive with the music of dragons.“
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