Quelle: Amazon |
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich bei dieser Leseprobe
anfangen soll. Es ist einfach ALLES falsch hieran! Ich fuchtle verzweifelt mit
den Armen vor dem Bildschirm und versuche noch irgendwie, meine entsetzten Gedanken
in Worte zu fassen. Ich gehe einfach mal in der Reihenfolge meiner Notizen
durch – die für eine Leseprobe erschreckend viel geworden sind.
Der renommierte Psychiater Doktor Hahn heilt Seelen nicht nur – er
zerstört sie auch.
In seiner BDSM-Sekte gilt Gerhard als besonders erfahren und
konsequent. Dieser bekommt einen reizvollen Deal in Aussicht gestellt:
Vollbringt er eine schier unlösbare Aufgabe, wird er zum mächtigsten Mann der
Gruppe befördert. Der Job? Er soll die radikale Feministin Vanessa unterwerfen.
Besessen davon, Hahn alle Macht abzuringen, nimmt er die
Herausforderung an – und gerät in einen Sog menschlicher Abgründe ...
Ein tiefgehender Roman über Lust, Gewalt und zartes Vertrauen –
mit psychologischen und sozialkritischen Elementen.
(Quelle: Amazon)
Ich rege mich ganz ehrlich am liebsten über das »mit
psychologischen und sozialkritischen Elementen« auf, um über den ganzen anderen
missbräuchlichen Scheiß, der allein in der Leseprobe geschildert wird, nicht
nachdenken zu müssen. Psychologische Elemente und dann hat der Protagonist
Gerhard ein Burnout. Leute, nennt das Kind beim Namen! Burnout als Diagnose
existiert nicht und wird nicht einmal im ICD-10 gelistet. Burnout ist lediglich
ein fancy klingender und gesellschaftlich akzeptierterer Begriff für eine
Depression. Und er stigmatisiert. An »Burnout« leiden Menschen, die so sehr für
ihre Arbeit gebrannt haben, dass sie nun ausgebrannt sind. Der Begriff sagt:
»Hey, seht her, dieser Mensch hat sich so sehr in seine Arbeit hineingeghangen
und wirklich restlos alles dafür gegeben! Das ist toll!« Depression hingegen
ist in vielen Köpfen noch immer mit Faulheit und »Der will nur nicht, der muss
sich nur mal zusammenreißen« gelabelt. Dabei ist eine Depression eine schwerwiegende
und ernst zu nehmende Krankheit. So schwer, dass sie bis zum Tod führen kann.
Eine Depression nicht als das zu behandeln, was sie ist, ist kreuzgefährlich
und führt nur dazu, dass Menschen, die Hilfe brauchen, nicht die Hilfe
bekommen, die sie benötigen.
Vom Rest, der allein in der Leseprobe nicht stimmt, will ich gar
nicht erst reden. Die Leseprobe umfasst den Prolog sowie die ersten beiden
Kapitel und Teile vom dritten. Angeblich soll der Roman »authentischen BDSM«
schildern. Was ich tatsächlich bekomme? Missbrauchsphantasien von der ersten
Seite an, die auch schon in der Leseprobe in die Tat umgesetzt wurden. Mir
fielen beinahe die Augen aus dem Kopf.
Ich war ziemlich entsetzt, als ich eine Leserunde zu diesem Roman
fand und die Leser darin gerade die Szene aus der Leseprobe feierten, in der
ein »Initiationsritus« in die oben erwähnte BDSM-Sekte geschildert wurde. Es
sei ja sehr löblich hervorzuheben, dass auf die Wünsche der Frau eingegangen
wurde, und dergleichen mehr. Was tatsächlich zu lesen ist, ist folgendes: Es
wird die konsequent männliche Härte der Männlichkeit betont (und dann heißt
einer Hartmann, ist kein Witz). Es wird rechtes Gedankengut propagiert, in dem
der Mann die Frau zu unterwerfen hat, notfalls auch gegen ihren Willen. Die
Frau in dem Ritus wird zum Geschlechtsverkehr mit mehreren Männern gezwungen,
auch wenn sie sehr deutlich ihre Ablehnung deutlich macht. Als ich das letzte
Mal das Haus verlassen hatte, nannte sich so etwas noch Vergewaltigung.
Und nichts weiter als das ist dieses Stück sexistischer Kackscheiße,
die ich hier gelesen habe: ein Vergewaltigungsroman. Ich bin zugegeben kein
Experte zu BDSM, aber so viel werden die meisten wissen: BDSM basiert auf
gegenseitigem Vertrauen, darauf, auch mal Verantwortung abgeben zu können und
sich in einer gesicherten Umgebung fallen zu lassen. Damit diese Umgebung auch
wirklich gesichert ist, gibt es Safewörter, bei denen sofort Stopp gemacht
wird, wenn sie fallen, ebenso Konsens und gegenseitiges Vertrauen. Was gibt es
in diesem Roman nicht? Richtig.
Stattdessen müssen Frauen unterworfen werden, und gerade das
»Emanzenpack« zu brechen und zu dominieren, gilt als Beweis der eigenen
männlichen Härte. Das ist per definitionem sexistischer Kackscheiß. Hier wird
ein »nein« von einer Frau als »zickig« abgetan und als Herausforderung
aufgenommen, das »Emanzenpack« (sic!) nun erst recht gegen ihren Willen sexuell
zu missbrauchen und zu brechen. Folgendes ist ein originales Zitat aus dem
Roman: »Ja. Es geht hier um ein gefährliches, gewaltbereites Weib, das uns
Männern todfeindlich gesinnt ist …«
Ja, so habe ich auch geguckt, als ich damit fertig war. Und danach
war ich mit mir und der Welt fertig. Ich kann an dieser Stelle nur darum
bitten, diesen Text bei Amazon aufgrund von Pornographie und Sexismus zu
melden, sodass er aus dem Programm genommen wird. So etwas sollte nicht verkauft
werden! Erwähnte ich außerdem, dass es sexistische Kackscheiße ist? Nein? Es
ist sexistische Kackscheiße. Angeblich soll das alles weiter hinten im Roman besser
werden, aber ich glaube ehrlich gesagt nicht daran.
Liebe Autoren da draußen, ich weiß, dass es viele wissen, aber ich
betone es hier dennoch noch einmal, da es anscheinend doch nicht alle wissen:
Ihr habt eine moralische und ethische Verantwortung, wenn ihr einen Roman
veröffentlicht und verkauft. Die Leseprobe sagt im Kern aus, dass Frauen
weniger wert sind als Männer und es daher in Ordnung ist, sie als Sexobjekte zu
missbrauchen, um die eigene toxisch männliche Dominanz zu beweisen. Wenn eine
Leseprobe das schon aussagt, dann will ich den Scheiß gar nicht erst weiter
lesen, daher ist es allein schon aus diesem Grund taktisch unklug, wenn erst
»später im Roman« alles »gerade gerückt« wird. Nun, wie gesagt: Ich zweifle diese
Aussage sehr stark an. Bitte hört damit auf, toxisches Gedankengut zu
propagieren. Das ist scheiße.
Ein Auszug, um den Missbrauch zu illustrieren. |
Ich bin dabei noch nicht mal auf den Feminismus-Aspekt
eingegangen. Wenn das eines der sozialkritischen Elemente sein soll, dann
fresse ich einen Besen. Ich lehne mich mal an dieser Stelle aus dem Fenster und
behaupte, dass die Autorin den Feminismus nicht verstanden hat. Vanessa gehört
einer feministischen Organisation namens Schwarze Frauen an und ist eines jeder
»gefährlichen, gewaltbereiten Weibchen«. Was sie tatsächlich ist, ist ein
Zerrbild tatsächlichen Feminismus. Der Feminismus soll in diesem Roman ins
Lächerliche gezogen werden. Da plärrt Vanessa ihren Dozenten wütend an, springt
auf den Tisch und zündet ihren Studentenausweis an, um dann wutschnaubend den
Hörsaal zu verlassen und damit ihr Studium in einer spontanen Reaktion
geschmissen zu haben. Entweder ist sie affektlabil, oder die Autorin hat
einfach keine Ahnung, wie man Feministen ordentlich zeichnet. Ich tendiere zu
letzterem. Früher wurden BHs verbrannt, jetzt schmeiß ich mein Studium, indem
ich meinen Studiausweis abfackel. Leute, das ist nicht, wie man ein Studium
schmeißt. Und schon gar nicht, wie Feminismus tatsachengerecht dargestellt wird.
Es schmerzt zu sehen, wie eine im Kern so gute Sache wie die Gleichberechtigung
der Frau ins Lächerliche gezogen wird, um damit gleichzeitig eine toxische
Maskulinität zu propagieren. Immerhin gilt es als erstrebenswert, Leute wie
Vanessa zu brechen.
Mein Fazit? Leute, bitte meldet das bei Amazon. Danke. Dass hieran
nichts erotisch sondern einfach nur entsetzlich ist, brauche ich wohl nicht zu
betonen, oder?
Werbung nach §6 TMG
Reiheninformation
Autor: Viola Waldner
Titel: Das gefallene Mädchen: Wasser
Sprache: Deutsch
Umschlagillustration: Tja, wenn das mal angegeben worden
wäre …
Reihe: Band 1 (ICH WILL NICHT!!)
Seiten: 496
Originalpreis: 4,99€
Verlag: Selfpublisher
Genre: Erotik Missbrauchsphantasien
ASIN: B073RVX6L6
Erscheinungsjahr: 2017
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Die Kommentarfunktion auf dem Blog ist abgestellt, um Spam zu vermeiden, aber auch, weil ich all der relativierenden "Ja, aber ...!"-Kommentare müde wurde, die sich mehr und mehr häuften, besonders bei Posts, die keine reinen Rezensionen waren. Ihr könnt mich immer noch über Twitter erreichen.
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.