»Blade Runner« von Philip K. Dick oder eigentlich »Träumen
Androiden von elektrischen Schafen?« gehört zu den Klassikern der Science
Fiction. Dick befasst sich hier mit einer der essenziellsten Fragen der
Menschheit: Was macht uns zu Menschen?
Rick Deckard gehört einer Sondereinheit der Polizei an, die
entflohene Androiden jagt und ausschaltet. Sie sind eine Gefahr für die
Menschen und drohen sie zu unterwandern, weshalb sie ausgeschaltet werden
müssen, wenn sie ihrem Herrn entkommen und sich unter die Menschen mischen.
Doch sind sie wirklich eine Bedrohung oder werden sie nur zu einer gemacht? Im
Laufe seiner Jagd beginnt Rick sein Weltbild in Frage zu stellen.
Wow. Das beschreibt meine Reaktion auf dieses Buch wohl am
besten. Nachdem ich es ausgelesen hatte, musste ich es erst einmal setzen
lassen, und auch jetzt, mit ein paar Tagen Abstand, glaube ich nicht, dass ich
es voll durchdrungen habe. Die Kernfrage des Romans ist klar: Was macht uns zu
Menschen und unterscheidet uns von KIs, die mitunter sogar intelligenter sind
als wir? Dick beantwortet die Frage mit Empathie: Es ist die Empathie, die uns
zu Menschen macht. Wer aber zum Beispiel Mercer ist, glaube ich noch nicht ganz
verstanden zu haben. Vielleicht haben meine Leser eine Antwort?
Der Stil des Romans ist etwas eigenwillig. Hinzu kommt, dass
der Roman in den Neunzigern spielt, also quasi eigentlich schon »Geschichte«
ist. In den Sechzigern, in denen der Roman entstanden war, waren das sicher
aufregende Zukunfsszenarien. Die Aussicht auf einen atomaren Krieg waren in der
Zeit allerdings wirklich nicht allzu unrealistisch.
Ich habe mich ehrlich gesagt lange gewundert, warum alle in
dem Buch so versessen darauf sind, ein echtes, lebendes Tier halten zu können
und warum das anscheinend Zeichen von Prestige ist. Ich denke, das liegt in dem
atomaren Krieg begründet, der im Roman bereits Vergangenheit ist. Die Natur ist
weitestgehend zerstört, zahlreiche Tierarten sind ausgestorben. Echtes Leben
hat hier einen ungemein höheren Stellenwert, sodass Leute selbst von einer
kleinen Spinne absolut fasziniert sind.
Nicht jeder aber kann sich ein Tier leisten, weshalb es
Firmen gibt, die täuschend echte Robotertiere bauen. Das ist auch der Punkt, an
dem ich es etwas schade finde, dass der Verlag sich dazu entschieden hatte, das
Buch nach dem Film zu benennen, statt es beim ursprünglichen Titel zu belassen.
Er passt wesentlich besser zum Inhalt, da »Blade Runner« hier keine Rolle
spielen beziehungsweise diese Bezeichnung für Ricks Berufsgruppe hier einfach
nicht existiert. Die Frage, ob auch Roboter träumen können, passt einfach
besser zur Grundfrage.
Selbige finde ich übrigens sehr faszinierend. Schon jetzt
ist die Frage, wie man mit menschengleicher KI umgeht, für unsere Gesellschaft
nicht uninteressant. In »Blade Runner« sind die Androiden organische, wenn auch
künstlich erzeugte Wesen. Das, was sie hauptsächlich vom Menschen
unterscheidet, ist ihre fehlende Empathie. Aber trotzdem: Sind sie dann nicht
auch Menschen? Sie können denken, fühlen, empfinden wie wir und sind selbst von
einem Experten mitunter nur schwer von einem Menschen zu unterscheiden.
Ich hatte das Thema schon in meiner letzten
Science-Fiction-Rezension zu »Butlers Djihad« erwähnt, wo es ebenfalls eine Rolle spielte, aber leider nicht
vertieft wurde. Außerdem erwähnte ich dort auch den Film »Her«, wo der
Protagonist sogar eine romantische Beziehung mit seinem Betriebssystem führt. Es
wirkt auf mich noch befremdlich, aber ehrlich gesagt tendiere ich schon seit
längerem sehr wohl dazu, eine solch intelligente KI als ethisch und moralisch
gleichwertig zu betrachten. Die Grenzen zwischen Androide und Mensch
verschwimmen in »Blade Runner« zunehmend, sodass sich selbst Rick nicht mehr
sicher sein kann, ob er nun Mensch oder Androide ist. Es gibt sogar Androiden,
die sich für Menschen halten und nicht wissen, dass sie nicht menschlich sind.
Sind sie das wirklich nicht?
»Blade Runner« ist eine nicht unbedingt leichte Kost, aber
auf jeden Fall ein Roman, der einen nicht mehr loslässt. Auch lange nach der
Lektüre arbeitet das Gelesene noch in einem, während man darüber nachdenkt und
vielleicht wie Rick sein Weltbild umkrempelt.
Autor: Philip K. Dick
Titel: Blade Runner
Original: Do Aondroids dream of electric sheep?
Sprache: Deutsch
Reihe: Nein
Seiten: 260 von 847
Originalpreis: 14,00€
Verlag: Heyne
Genre: Science Fiction
ISBN: 978-3-453-52583-2
Erscheinungsjahr: 2013
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