Alles beginnt mit der gigantischen Schildkröte Groß A‘Tuin,
welche einsam durch das Multiversum schwebt. Auf ihrem Panzer stehen vier
Elefanten, die auf ihrem Rücken ein höchst sonderbares Gebilde tragen: die
Scheibenwelt, die wohl meist gefeierte und bekannteste Ausgeburt von Terry Pratchetts
unbestreitbar genialen Geist.
Die Scheibenwelt wirkt irgendwie vertraut – und auch wieder
nicht. So wird zum Beispiel auch hier eine Sonnwendfeier begangen, auch wenn
sie ein klein wenig anders wirkt. Jedes Jahr zu Silvester in der kürzesten
Nacht des Jahres beschert der Schneevater die braven Kinder der Scheibenwelt
mit Geschenken. Doch dieses Jahr ist irgendetwas nicht so, wie es sein sollte.
Der Schneevater taucht nicht auf und plötzlich ist das ganze Schicksal der
Scheibenwelt in Gefahr. Ausgerechnet Tod beschließt, den Schneevater zu
ersetzen und die Dinge wieder geradezurücken.
Sobald Tod ins Spiel kommt, kann es ja nur gut werden. Es
entbehrt nicht unbedingt einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet der
Sensenmann die Geschenke bringen soll. Seine etwas eigenwillige Obsession mit
den Menschen, die er verstehen will und doch aufgrund seiner Natur nicht kann,
führ zu spannenden Gedankengängen seinerseits. Mit einer unbestechlichen Logik
und doch ohne das gewisse Etwas, das die Menschen ausmacht, hinterfragt er die Gebräuche
und Gepflogenheiten der Menschen. Mitunter führt das zu sehr bizarren aber
unbestreitbar urkomischen Situationen, wenn er beispielsweise mit seinem
Schweineschlitten in ein Kaufhaus wortwörtlich einbricht und als Schneevater
den Kindern (sowie Nobby Nobbs) Geschenke bringt.
Während des ganzen Romans steht immer wieder die Frage nach
dem Glauben im Mittelpunkt, was er für die Menschen bedeutet und warum es fatal
sein könnte, wenn er verloren geht. Im Roman ist der Glauben an den Schneevater
essenziell, da sonst seine Existenz ausgelöscht würde, an welche der Aufgang
der Sonne gebunden ist. Losgelöst vom Roman ist es nicht schwer, den Schluss
daraus zu ziehen, dass Glauben in religiöser und nicht-religiöser Weise das
Leben mitunter lebenswerter machen kann, selbst der Glauben an
»Märchengestalten« der Kindheit.
Pratchetts Humor ist wie gewohnt großartig. Man lacht
wirklich selten so herzhaft und aus vollem Halse, während man liest. Meist
verzieht es einem ja doch eher nur leicht die Mundwinkel oder man atmet etwas
heftiger durch die Nase aus. Hier kann es durchaus passieren, dass diverse
Wutrenter einem böse Blicke in der Bahn zuwerfen, weil man sich einfach nicht
mehr einbekommt vor Lachen.
Das vielleicht Beste an Pratchetts Humor ist, dass er häufig
staubtrocken und selten zu überzogen ist. Die Scheibenwelt ist eher ein Spiegel
unserer Welt, in der die Absurditäten des Alltags hervorgehoben werden.
Die Handlung in »Schweinsgalopp« ist sehr subtil. Nach
einigen Seiten wechselt immer wieder die Erzählperspektive; ein wenig
gewöhnungsbedürftig ist dabei, dass es keine Kapitel gibt. Jeder Erzählabschnitt
ist dabei eine Art Puzzleteil, die erst nach und nach ein großes Ganzes
ergeben. Bis dahin wirkt es mitunter etwas, nun, random. Gelegentlich ist diese
Erzählweise jedoch etwas zu subtil, da es dadurch auf kurz oder lang schwer
fällt, den Faden zu behalten. Ich kannte den Film bereits im Vorfeld (in Bezug
auf Buchnähe eine sehr gelungene Umsetzung!), daher fiel mir das nicht ganz so
schwer. Wer die Geschichte jedoch das erste Mal verfolgt, hat unter Umständen
Probleme, alle Details im Kopf zu behalten, wenn sie zunächst unbedeutend
erscheinen, am Ende jedoch plötzlich eine entscheidende Rolle spielen.
Leider muss man sagen, dass das Lektorat an einigen Stellen
doch sehr geschlampt hat. Da werden Satzzeichen unterschlagen und hin und
wieder schleichen sich auch Tippfehler ein. Das sollte so definitiv nicht sein.
Um einen Scheibenweltroman am Stück zu lesen, ist die Welt
vielleicht doch etwas zu abgedreht. Aber allein schon für Tods eigenwillige
aber unbestechliche Logik und die großartig skurrilen Szenen, die es mit ihm
gibt, lohnt sich dieser Roman auf jeden Fall! Und wer nicht lesen mag, kann
sich auch den Film ansehen – mit Sir Christopher Lee als der Stimme von Tod
übrigens, was natürlich einfach großartig ist!
Autor: Terry Pratchett
Titel: Schweinsgalopp
Original: Hogfather
Sprache: Deutsch
Reihe: Band 20 (jeder steht für sich allein)
Seiten: 414
Originalpreis: 10,00€
Verlag: Goldmann
Genre: Fantasy
ISBN: 978-3-44213468-7
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