©Awen Eibner https://www.aweneibner.at/ |
Awen Eibner entführt im ersten Band der Wellenflügel-Reihe,
»Die Tiefen des Sees«, die Leser in ihre magische Welt. Doch Magie ist hier
verpönt und ihre Anwender werden auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Wasser ist nichts Besonderes. Steine sind es ebenso wenig.
Umso interessanter, dass beide unverhofft in einem blauen Licht erstrahlen und
ein junges Mädchen auf die Suche nach einer Antwort schicken, deren Frage es
nicht kennt.
Magie ist tief in der Familie verwurzelt, doch klein ist die
Anzahl derer, die der lebendige Beweis dafür sind. Gwyneira, die seit frühen
Kindestagen eine enge Verbundenheit mit dem Wasser verspürt, aktiviert durch
Zufall einen Zauber, der ihr Geheimnisse zu enthüllen verspricht, deren Ausmaße
ihr Vorstellungsvermögen übersteigen. Während sie den Antworten nachjagt und
längst vergessene Familiengeheimnisse aufdeckt, kämpft ihr ebenfalls magisch
begabter Bruder Keanu mit vollkommen anderen Problemen. Nur wenige Monate nach
seiner Volljährigkeit übernimmt er die Familienführung – ohne dabei zu
bemerken, dass seine größte Sorge abseits der plötzlich auftauchenden Zauber
liegt …
Die Autorin wendet ausgesprochen viel Zeit auf die
Ausarbeitung ihres Magiesystems. Da gerade High-Fantasy-Romane davon leben, ist
das per se nichts Schlechtes. Tatsächlich ist es ihr auch gelungen, sich damit
aus der Masse der Fantasy ein wenig abzuheben und etwas mehr oder weniger
Eigenes zu schaffen.
Weniger wäre in diesem und in einigen anderen Fällen jedoch
durchaus mehr gewesen. Es wirkt nicht selten so, als wolle die Autorin
regelrecht dozieren, während sie über mehrere Seiten hinweg die verschiedensten
Aspekte der Magie erläutert und wie sie mit Gwyneiras Familie verbunden sind.
Das hat zumindest bei mir den eher negativen Aspekt, dass ich ziemlich schnell
abschalte und dem Text nicht einmal mehr ansatzweise so aufmerksam folge, wie
er es eigentlich verdient hätte.
Selbiges gilt übrigens auch für Naturbeschreibungen wie
Landschaft und insbesondere Wetter. Der Einstieg stellt eine Beschreibung eines
Unwetters, die durchaus sehr bildhaft gelungen ist, aber teils doch etwas sehr,
nun, gewichtig, vielleicht sogar mit Hang zum Schwulst. Einen Ticken weniger
davon hätte dem sicher gut getan und es hätte nicht so mächtig gewirkt.
Abgesehen davon halte ich Einstiege mit Wetterbeschreibungen oder Uhrzeiten
(»Es war Nacht«, eine Schreibsünde, der ich mich früher auch schuldig machte)
generell nicht für die Originellsten, aber das mag Geschmackssache sein.
Die Charaktere, teils auch die Nebencharaktere, sind alle
sehr differenziert charakterisiert, teils sogar sehr deutlich nach Lehrplan.
Das ist per se ebenfalls nichts Schlechtes; Brandon Sandersons Hauptcharaktere
funktionieren meist ebenfalls nach Schema A. Es wird nur dann problematisch,
wenn man vom Steckbrief abweicht. Das war hier in einer Szene der Fall. Zuerst
schmiedet Keanu einen spannenden und riskanten Plan, um seinem Onkel ganz
subtil die Leitung der Familie aus den Händen zu nehmen … und dann geht er
einfach zu ihm hin und verkündet, dass er nun das Familienoberhaupt ist. Der
Onkel nimmt das einfach so hin und muckt nicht auf. Abgesehen davon ließen sich
keine weiteren Logiklücken ausmachen.
Mir persönlich kam das Ende viel zu plötzlich. Ich hatte
sogar einige Male irritiert vor- und zurückgeblättert, um mich zu versichern,
dass das wirklich das Ende war. Die Ursache dafür liegt im vielleicht größten
Problem des Romans nebst seiner ausführlichen Beschreibung der Magie: Es fehlt
jeglicher Spannungsbogen. Wir haben keinen wirklichen Antagonisten, es ist
nicht einmal klar, ob irgendwer das Potenzial dazu hat. Es schwingt zwar stets
untergründig mit, dass die Magiebegabung der Protagonisten ihnen zum Problem
werden kann, das ist jedoch einfach nicht genug, um die Spannung über den
gesamten Roman hin aufrecht zu erhalten. Um genau zu sein gab es einfach keine
Spannung.
Interessant wurde es erst gegen Ende, als Gwyneira
Nachforschungen über den Tod ihres Vaters anstellt und dabei einige Dinge
ausgräbt, die in den Folgebänden recht brisant werden könnten. Der erste Teil
jedoch glänzt vor allem durch sein Dahintümpeln.
Zumindest ein, zwei Szenen hatten die dröge Handlung dann
doch aufgelockert. Schmunzeln musste ich, als Gwyneira das erste Mal ihre
Wassermagie erprobt. »Formus Tropfus!«,
ruft sie da aus, was schon recht niedlich wirkt. Außerdem reflektiert sie dabei
über diverse Sprachen der Magier und deren Angewohnheiten, Phoneme zu Lexemen
ohne semantischen Inhalt zu formen – zu Deutsch: Buchstabensalate in den Fantasysprachen.
Ein wenig musste ich da schon schmunzeln, weil hier ein leises Echo der Autorin
und ihrer Meinung zu Sprachen in der Fantasy wiederklingt – die ich übrigens
teile, da ich ohnehin für mehr Linguistik in der Fantasy bin und mich diese
sinnlosen Buchstabensalate auch stören.
Es gibt da einen Charakter, der sehr speziell ist: Siraes.
Seine Denkweise ist ausgesprochen speziell, fast schon bizarr. Es mag daran
liegen, dass ich zurzeit ebenfalls Terry Pratchett lese, aber irgendwie hätte
Siraes auch gut in die Scheibenwelt gepasst. Es ist zweifelsohne ein wenig
anstrengend, ihm beim Lesen zu folgen, aber die Autorin hat ihn einfach
wunderbar dargestellt und die andersartige Funktionsweise seines Geistes
wirklich toll illustriert.
»Die Tiefen des Sees« hat auf jeden Fall Potenzial.
Besonders schwächelt es jedoch noch am Spannungsaufbau und am zu ausführlichen
Dozieren über das Magiesystem. Letzteres hätte man mit Sicherheit eleganter in
den Text und in die Handlung einbauen können. Bleibt zu hoffen, dass diese
Schwächen in den kommenden beiden Teilen insbesondere durch einen klaren
Konflikt ausgemerzt werden.
Ich danke der Autorin für die Bereitstellung des
Rezensionsexemplares!
Wer neugierig ist, kann hier ein wenig in den Text
hineinschnuppern:
Autor: Awen Eibner
Titel: Wellenflügel: Die Tiefen des Sees
Original: Wellenflügel: Die Tiefen des Sees
Sprache: Deutsch
Reihe: Band 1
Seiten: 344
Originalpreis: 3,99€
Verlag: BookRix
Genre: Fantasy
ASIN: B01LZ79KYN
Erscheinungsjahr: 2016
Weitere Rezensionen
- Lele
Deine Kritikpunkte kann ich verstehen, die Spannung ist nur wenig im Buch vorhanden. Ich denke allerdings, dass es in den nächsten Bändern verbessert wird. Auch die Magiebeschreibung werden wohl etwas nachlassen, da diese bereits hier ausführlich erklärt wurden. So zumindest stelle ich mir das vor :) Liebste Grüsse und vielen Dank fürs verlinken
AntwortenLöschenJulia