Denn ich fresse nicht nur Jungfrauen!

Samstag, 18. März 2017

Filmreview: Interstellar

We're not meant to save the world. We're meant to leave it.
Professor Brand in Interstellar


Was muss ich tun, damit ihr diesen Film seht? Was muss ich tun, damit ihr ihn genauso liebt wie ich, Christopher Nolan dafür hypet und ihn in den Olymp der Filmregisseure erhebt? Ihr müsst das tun, ihr habt keine Wahl!

Denn dieser Film ist in meinen Augen nicht zu toppen.

Es gab einmal eine Zeit, da ich die Herr der Ringe Verfilmung für das non plus ultra hielt, einfach, weil es Der Herr der Ringe und weil es das Meisterwerk Peter Jacksons und Howard Shores war; sie haben beide danach nie wieder etwas auch nur annähernd Vergleichbares auf die Beine stellen können. Dann kam Avatar – Aufbruch nach Pandora, und ich beschloss, dass es doch Filme gibt, die dem Herrn der Ringe das Wasser reichen können. Dann sah ich Inception und wusste, dass Christopher Nolan zu Großem bestimmt war. Und seine Bestimmung erreichte er mit Interstellar.

Die Regie wurde von Christopher Nolan geführt, das Drehbuch stammt von ihm und Jonathan Nolan, und die Filmmusik wurde von Hans Zimmer komponiert. Allein schon daran sieht man, dass hier das Beste vom Besten zusammenkommt. In den Hauptrollen sehen wir Matthew McConaughey als Held Cooper, Anne Hathaway als Dr. Amelia Brand, Jessica Chastain als Merph, Tochter Coopers, und Michael Caine als Professor Brand, Dr. Brands Vater, sowie Wes Bentley als Doyle als auch David Gyasi als Romilly.

In der zweiten Hälfte des 21. Jahrhundert sieht die Erde ihrem Ende entgegen. Genauer: Die Menschheit tut es. Ihre Feldfrüchte werden sukzessive von Krankheiten dahingerafft und die Böden sind ausgelaugt. Regelmäßig ziehen riesige Sandstürme über das ausgedörrte Land und entziehen dem Boden so noch mehr Nährstoffe und Wasser, als ohnehin schon fehlt. Was noch wächst, ist Mais. Endliche Felder voller Mais erhalten sechs Milliarden Menschen am Leben, doch ist das nur noch ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Im Grunde ihres Herzens wissen die Menschen, dass es mit ihnen zu Ende geht, und doch kämpfen sie weiter um ihr Überleben. Jedes Jahr sind die Ernteausfälle größer, jedes Jahr ist ein Jahr näher dem Hungertot der Menschheit.

Cooper, ein ehemaliger Pilot der NASA, ist nun ein Farmer, ein recht guter sogar. Seine Frau starb schon vor Jahren, und nun lebt er mit deren Vater und seinen beiden Kindern Murph und Tom auf dem Land und bestellt seine Maisfelder, irgendwie daran festhaltend, dass es schon besser wird.

Während eines Sandsturmes erlebt er eine seltsame Anomalie. Murph hat ihr Fenster aufgelassen, sodass der Sand herein geweht wird. Als sie das Fenster schließen, bemerken sie am Boden sonderbare Linien im Staub, wie sich bald zeigt, hervorgerufen durch Gravitation. Sonderbarerweise ergeben diese Linien einen Binärcode und dieser wiederum verschlüsselt Koordinaten. Murph, die schon vorher diverse Anomalien in ihrem Zimmer bemerkte, indem Bücher in einem bestimmten Muster aus ihrem Regal fielen, nennt dies ihren Geist und denkt, dass er ihr etwas sagen will. Cooper glaubt zwar nicht an den »Geist«, beschließt aber dennoch, den Koordinaten nachzugehen.

Zu seinem allergrößten Erstaunen führen die Koordinaten zum bestgehütetsten Geheimnis der Regierung: einer unterirdischen Basis dessen, was einst die NASA war und nun die Rettung der Menschheit darstellt.

Die Regierung kann nicht öffentlich machen, dass sie noch immer Milliarden in die Weltraumforschung pumpt, während die Menschen in der Welt verhungern. Dennoch wird, wie sich bald herausstellt, an diesem Ort daran geforscht, wie die Menschheit zu retten ist. Dafür gibt es anscheinend nur einen Weg: die Erde zu verlassen und eine neue Heimat unter einer neuen Sonne zu finden.

Cooper trifft hier auf seinen alten Mentor Professor Brand, welcher ihn für die Mission anheuern will. Cooper ist der beste Pilot, den die NASA momentan hat, und Brand ist der Ansicht, dass niemand das Lazarus genannte Projekt besser leiten kann als er.

Vor knapp 50 Jahren zeigten sich erste Anomalien in der Nähe des Saturn. Bald, nachdem dies genauer untersucht wurde, zeigte sich, dass sich dort ein Wurmloch geöffnet hatte. Doch es hatte sich nicht einfach so geöffnet, es wurde augenscheinlich dort platziert. Ein Hinweis für die Menschen zu ihrer Rettung? Das Lazarus Projekt startete daraufhin und die zwölf mutigsten Menschen, die die Welt vielleicht je gekannt hatte, begaben sich auf eine Reise ohne Wiederkehr. Sie sollten durch das Wurmloch und hinein in eine völlig anderen Galaxie fliegen, um dort nach bewohnbaren Planeten zu suchen. Sie sandten Daten ihrer Planeten zurück zur Erde, doch nach und nach erstarben die Signale. Das, was jedoch ankam, war nicht völlig hoffnungslos. Auf einigen ausgewählten Planeten schien Leben möglich zu sein.

Nun gilt es, genau das zu überprüfen, und dazu wurde die Crew der Endurance auserwählt, bestehend aus den schlauesten und mutigsten Köpfen der NASA: Dr. Brand, Professor Brands eigene Tochter, Doyle, Romilly und zu guter Letzt Cooper, der Kopf der Mission und ihr fähigster Pilot. Es ist an diesen Menschen, eine neue Heimat für die Menschheit zu finden, einen Planeten, der bewohnbar ist.


Ganz augenscheinlich handelt es sich hier also um Science Fiction, doch nicht die übliche abgedroschene Hollywood Version dessen mit Aliens und Laserwaffen und all dem Kram, sondern etwas, das in höchstem Maße realistisch dargestellt wurde. Sicher gibt es noch immer viele phantastische Elemente wie die fünfdimensionalen Wesen (und was es sich dabei handelt, wird am Ende des Filmes in Teilen aufgeklärt, daher schweige ich hier dazu), die das Wurmloch platzierten und am Ende Cooper ermöglichten zu tun, was er tat, um die Menschheit auf den richtigen Weg zu führen, oder auch das Wurmloch. Doch das Positive daran ist, dass der Film weder zu wissenschaftlich wird und auf Biegen und Brechen versucht, auch diese Dinge zu erklären, noch, dass er zu platt ist. Ich bin nun weiß Gott keine Physikerin, doch ich schätze den Film so ein, dass er genau das auf einer ausreichenden Basis erklärt, was er erklären muss, um weder zu platt noch für den Laien zu verwirrend zu sein.

Hauptelement des Filmes ist Zeit sowie Relativität. Und Stille. Ja, Stille, eine so großartige und beeindruckende Stille, dass ein nicht zu verachtender Teil der Intensität des Filmes auf ihr basiert. Wie bereits gesagt, wurde die Musik von Hans Zimmer komponiert, dem Großmeister und den Filmmusikkomponisten. Der Film erzählt nicht nur die Geschichte mutiger Entdecker, die einen Weg suchen, die Menschheit zu retten, sondern auch die Geschichte eines Vaters, der verzweifelt versucht, seiner Tochter ein besseres Leben zu ermöglichen und sie dabei nicht völlig zu verlieren. Die drei Planeten, die am vielversprechendsten wirken und die untersucht werden sollen, gruppieren sich um das Schwarze Loch namens Gargantua. Auf einigen dieser Planeten herrscht daher eine ungleich höhere Gravitation als auf der Erde, und zwar in dem Maße, dass selbst die Zeit auf ihnen langsamer verläuft. Im Laufe des Filmes gehen daher für Cooper etliche Dekaden verloren, in denen seine Tochter unweigerlich altert, er jedoch kaum.

Hans Zimmer fängt die großen Emotionen dieses Filmes meisterlich in seiner Musik ein, auch wenn diese noch viel mehr in Zusammenhang mit den Bildern und den Emotionen der Charaktere wirken. Die Musik ist nicht anders als mit »gewaltig« zu beschreiben. Eines der zentralen Elemente ist die Orgel, welche immer wieder zu hören ist. Gerade durch sie kommt die Gewaltigkeit des Universums zum Tragen, gegen welche der Mensch so klein und unbedeutend wirkt. Und nicht zu vergessen die Stille. Ich habe noch nie einen Film gesehen, welcher so perfekt und eindrucksvoll mit Stille arbeitet, Momente der vollkommenen Abwesenheit jeglichen Tons, in denen man meint, eine Feder zu Boden fallen zu hören. Es sind Momente der Gänsehaut und Schauer, die einem den Rücken hinab laufen.


Ehrlich, dieser Film macht mich emotional fertig. Ich kann ihn wieder und wieder sehen, es ist immer dasselbe: Er nimmt mich einfach mit, in allen nur erdenklichen Weisen, wie ein Film einen mitnehmen kann. Ich wusste, wie der Film ausgeht und entgegen zu allen anderen Filmen macht das diesen Film nur umso besser, denn die Dramatik und das bittersüße Ende sind einem so von Anfang an bewusst. Dennoch saß ich da, hab auf meinen Fingernägeln gekaut, Rotz und Wasser geheult und konnte die Spannung einfach nicht mehr ertragen. Der Film reißt einen mit, presst einen in den Sitz und fesselt einen bis zum bitteren Ende an den Bildschirm. Denn auch wenn die Spannung zwischenzeitlich vermeidlich nicht mehr zu ertragen ist, kann man doch nicht von ihm lassen, muss weiter sehen, mit Cooper leiden und hoffen und beten und weinen und kann doch nicht glauben, dass die Mannschaft der Endurance wirklich Erfolg haben soll.

Seht ihn euch an! Der Film ist ein Erlebnis, das man nicht missen sollte. Doch was rede ich eigentlich noch? Bilder sagen manchmal mehr als Worte.

 

Do not go gentle into that good night,
Old age should burn and rave at close of day;
Rage, rage against the dying of the light.
-
Aus »Do not go gentle into that good night« von Dylan Thomas, im Film oft zitiert von Professor Brand

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