Nur ein toter Loveinterest ist
ein guter Loveinterest
Fantasy Leseabend im Theaterhaus Schille mit Alana Falk, Markus Heitz,
Kai Meyer und den Seraph Preisträgern Julia Lange und Katharina Seck.
Wer gut im Tetris spielen ist,
kommt an diesem Abend weiter. Gewohnheitsgemäß ist der Andrang vor der Schille
schon früh sehr groß, und wenn beliebte Autoren wie Markus Heitz und Kai Meyer
kommen, dann ohnehin noch mehr. Wie üblich bedeutet das, dass die Schille
übervoll ist und nicht alle Besucher aufnehmen kann. Nicht einmal dann, als die
Leute an den unmöglichsten Plätzen platziert wurden: auf der Treppe der Bühne,
neben der Bühne, gar hinter der Bühne (eine sehr unangenehme Erfahrung, wie ich
von letztem Jahr noch weiß) und sogar im Nebenraum. Dort ist die Akustik miserabel
(auch da spreche ich aus Erfahrung), doch irgendwie geht alles. Der Ärger
bleibt dennoch: Es ist jedes Jahr dasselbe Theater, warum zum Henker verkauft
man nicht limitierte Karten oder sucht sich schlicht eine größere Location?!
Nun ja, irgendwie arrangiert man
sich doch damit und hat zumindest einen Vorsatz: Morgen zum Piper Fantasyabend
mit Brandon Sanderson wesentlich früher da sein.
Der erste Programmpunkt ist Alana
Falk, eine enigmatische junge Autorin, welche ihren neuen Roman »Sternensturm –
Das Herz der Quelle« vorstellt und daraus liest. Das Cover sieht gruselig aus
und schreit nach generischer YA Fantasy Romanze, aber man will dem ganzen dann
doch eine Chance geben und die Autorin wirkt zudem routiniert und geübt bei
Lesungen. Außerdem hat sie ein paar nette Sprüche auf Lager. Sie spricht an,
dass viele gern wissen würden, wie es im Kopf eines Autors aussieht. »Wenn die
Leute wüssten, wie es da aussieht, würden sie das nicht mehr fragen.« Sie
verrät uns sogleich auch, warum sie das denkt. »Nur ein toter Loveinterest ist
ein guter Loveinterest«, lautet ihr Motto. Grundsätzlich gehe ich damit
konform, leider konnte mich das vorgestellte Buch dann doch nicht davon
überzeugen, dass es gänzlich ohne Romanze auskommt. Eher im Gegenteil … Schade.
Nun ja, immerhin hat die Magie eine erotische Komponente, verrät sie uns.
Klingt prinzipiell interessant, würde der ganze Rest nicht immer noch »Generisch!«
brüllen.
Die nächste Person wusste am Morgen
noch nicht, dass sie an diesem Abend lesen wird: Julia Lange ist eine der
Seraph-Preisträgerinnen 2017, ihr Roman »Irrlichtfeuer« gewann in der Kategorie
Bestes Debüt. Julia Lange ist eine bildhübsche Frau, aber lesen kann sie ums
Verrecken nicht. Ohne Mate in der Tasche wäre ich wohl entschlummert. Sie liest
monoton, einschläfernd und man hat Mühe zu folgen. Worum es im angepriesenen
Debüt ging, blieb leider nicht hängen. Der Roman mag gut oder schlecht sein, aber
eine etwas enthusiastischere Vorstellung desselben hätte ihn sicher bedeutend
schmackhafter gemacht. Zugegeben: Selbst alte Hasen sind mitunter nicht so
hervorragende Autoren-Alleinunterhalter wie Markus Heitz, und Übung macht den
Meister. Verbuchen wir es also unter »Erfahrung« für die nächsten Male.
Danach steht eine kurze Pause an,
die dazu genutzt wird, YouTube anzuschmeißen. Denn die Nummer 3 des Abends ist
Markus Heitz, der uns einen ganz besonderen Leckerbissen mitbringt: den
Buchtrailer zu seinem neuesten Roman »Des Teufels Gebetbuch«.
Buchtrailer sind so eine Sache.
Meist sind sie überflüssig, da sie ohnehin nichts Wissenswertes über das Buch
aussagen. Der hier hingegen tut das sehr wohl, da er in seiner Natur als
Musikvideo hervorragend die Stimmung des Buches einfängt und die Grundthematik
des gefährlichen Kartenspiels darlegt. Können wir uns bitte darauf einigen, Buchtrailer
in Zukunft nur noch so zu gestalten?
Die Vermutung liegt wohl nahe,
dass Heitz der Höhepunkt des abendlichen Programms ist. Seine Lesung gestaltet sich
als kleine Schwester des Vorabends
in der LUDWIG Buchhandlung. Dieses Mal lauert die Tram zwar nicht überall, aber
aus dramaturgischen Gründen muss Heitz dennoch an den spannendsten Stellen den
vorgelesenen Abschnitt beenden.
Wer nach dieser Vorstellung an
der Reihe ist, ist sich wahrscheinlich bewusst, dass er da nur sehr schwer wird
mithalten können. Katharina Seck zog dieses schwere Los, ist sich dessen auch bewusst
und lispelt dennoch aus ihrem Roman »Die silberne Königin« mutig drauf los. Ja,
lispeln. Ich weiß nicht, ob die Seraph-Preisträgerin der Kategorie Bester Roman
einen angeborenen Sprachfehler hat oder das Lispeln einen anderen Grund kennt.
Aber vielleicht wäre das hier einer der Momente gewesen, in denen die Autorin
sich besser nur auf eine Vorstellung des Romans beschränkt und das Lesen jemand
anderen überlassen hätte. Es gibt manchmal Fälle, wo das wirklich angebracht
ist. Da das Zuhören auf diese Weise massiv erschwert wird, wäre das eigentlich
einer gewesen. Es wäre auch dem Buch wesentlich zuträglicher gewesen, da so
sehr viel von dem Eindruck verloren geht. Wahrscheinlich hätte das Buch einen
wesentlich positiveren Eindruck hinterlassen, am Ende bleibt jedoch vor allem
das Lispeln.
Den wortwörtlich krönenden
Abschluss bildet jedoch Kai Meyer mit seinem
Space-Fantasy-Roman »Die Krone der Sterne«, womit der Abend dann doch mit einem
positiven Erlebnis abschließen kann. Meyers Art ist ruhig und entspannt, was
sich auch auf das Publikum überträgt. Die Stunde ist immerhin mittlerweile
fortgeschritten, und so wird man von Meyer zunächst in die Weiten des
Universums entführt und dann gelassen in die leipziger Nacht entlassen.
Der Autor erzählt neben den obligatorischen Dingen zu seinem
Buch (es wird eine Trilogie) auch einige spannende Dinge zur Geschichte der Space
Fantasy, womit er auch gleich herausstellt, wie sein Buch zu lesen ist: als
Fantasy und nicht als Science Fiction; und ich bin ganz froh, dass er das
gemacht hat, da ich so weiß, woran ich bei diesem Buch bin. Der eigentliche
Kaufgrund für mich ist aber folgendes (und es war schon fast ein Zwang für
mich): Meyer erzählt außerdem, dass es in den 70ern und 80ern bei Klett-Cotta
üblich war, vor jedes Buch eine Art Vorspann mit Zeichnungen zu setzen, die auf
das Buch einstimmen sollten. Meyer fand das (wie ich) ziemlich cool und wollte
das auch für seine Bücher. In »Die Krone der Sterne« wurde es nun Realität. Als
er so davon erzählt, muss ich an meine Tolkien-Sammlung denken, die
mittlerweile zwei Erstausgaben umfasst: die deutsche und die amerikanische
Ausgabe des Silmarillion. Die Deutsche erschien Ende der 70er bei Klett-Cotta
und enthält genauso einen Vorspann. Irgendwie beschleicht mich da das Gefühl,
dass Meyers Buch hervorragend dazu passen würde …
Der Abend war insgesamt ein Auf und Ab. Falk hört man sehr
gern zu, ihr Buch spricht mich jedoch vorn und hinten nicht an. Seck und Lange hinterlassen
nicht die positivsten Eindrücke. Heitz ist wunderbare Unterhaltung, auch wenn
ich von seinen Büchern immer noch Abstand nehme. Meyer ist der Einzige, der
mich auch zum Kauf bewegte (was zugegeben vor allen an den wunderschönen
Illustrationen lag).
So langsam löst sich das Tetris auf und die Leute strömen in
die Nacht hinaus. Die Messe ist noch lang, es werden noch viele Lesungen
folgen.
Die Veranstaltung: Fantasy Leseabend im Theaterhaus
Schille, Moderation: Oliver Graute & Natalja Schmidt, Theaterhaus Schille, 23.3.2017,
19.30 Uhr
Die Bücher: Alana Falk: Sternensturm – Das Herz
der Quelle. Arena, Würzburg 2017, 386 Seiten, 16,99 Euro, E-Book 13,99 Euro
Julia Lange: Irrlichtfeuer.
Droemer-Knaur, München 2016, 528 Seiten, 9,99 Euro, E-Book 9,99 Euro
Markus Heitz: Des Teufels
Gebetbuch. Knaur HC, München 2017, 672 Seiten, 16,99 Euro, E-Book 14,99 Euro
Katharina Seck: Die silberne
Königin. Bastei Lübbe, Köln 2016, 366 Seiten, 12,00 Euro, E-Book 9,49 Euro
Kai Meyer: Die Krone der Sterne. Fischer
Tor, Frankfurt a.M. 2017, 464 Seiten, 14,99 Euro, E-Book 12,99 Euro
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