Robert Corvus mausert sich allmählich zu einem von mir sehr
gern gelesenen Autor. Mit der Schwertfeuer-Saga bin ich bereits in eine seiner
Fantasy-Welten abgetaucht, mit »Grauwacht«
ging es in die Science-Fantasy und nun verschlugen mich die Zeilen in seinen
Science-Fiction-Roman »Feuer der Leere«.
Der
Weltraum der Zukunft ist hart und unerbittlich. Die Erde wurde vor
Jahrtausenden zerstört, die letzten Menschen ziehen als Nomaden in einem
Raumschiffschwarm durch das All und ernten Planeten zur Nahrungsgewinnung ab,
während sie von feindlichen Lebensformen verfolgt werden. Im Schwarm weilt auch
die SQUID, ein Raumschiff, das eigentlich eine fremdartige Lebensform ist. Die
Menschen an Bord der SQUID, die sie Mutter nennen, verändern sich auf seltsame
Weise. Ugrôn, einer der Bewohner der SQUID, scheint auf eine ganz einmalige
Weise verändert zu sein, da er eine besondere Verbindung zu Mutter hat – eine Verbindung,
die ihn Wege eingehen lässt, die kein Mensch zuvor gegangen ist.
Da ich
momentan ohnehin ein offenes Herz für Science-Fiction hatte, wollte ich mir
dieses Buch nicht entgehen lassen. Das erste, das mir ins Auge fiel, ist ein
Detail des Covers, das offensichtlich die SQUID abbildet, ein octopusähnliches
Raumschiff, das sehr an die Reaper aus der Spielreihe Mass Effect erinnert. Es
passt auch, da die Menschen sich ähnlich verhalten, auch wenn sie nicht
vorsätzlich so extrem destruktiv dabei vorgehen. Sie sind jedoch durchaus dazu bereit,
auch größere Schäden bis hin zur Vernichtung ganzer Planeten in Kauf zu nehmen,
um das eigene Überleben zu sichern.
Überhaupt
ist das ganze Konzept der gegenwärtigen Lebensweise der Menschen sehr spannend.
Dutzende von Generationen sind auf den Schiffen geboren, lebten dort und
starben schließlich auf ihnen, ohne jemals einen Fuß auf einen Planeten gesetzt
zu haben. Jedes Schiff hat seine eigene Lebensform und Kultur entwickelt, aber
die grundsätzliche Mentalität der Menschen insgesamt ist so anders. So etwas
wie Schwerkraft, die ein planetengeborener Mensch bewusst gar nicht wahrnimmt,
ist für sie ein außergewöhnliches Erlebnis und so einfache Dinge wie Wind für
sie absolut fremdartig.
Dem
Autoren ist es hervorragend gelungen, das zu vermitteln. Ich meine, es ist ja
schon eine bemerkenswerte Leistung, während des Schreibens an solche Dinge zu
denken, die wir bewusst eigentlich gar nicht mehr wahrnehmen, und dann auch
immer mal wieder an den geeigneten Stellen darauf hinzuweisen, wie neuartig für
die Menschen Erlebnisse wie fallendes Wasser, Wind in den Haaren oder schlicht
die Gravitation am eigenen Leib zu spüren sind. Natürlich macht es Sinn, dass
die Menschen des Schwarms so denken, aber ich halte es für sehr lobenswert,
dass der Autor sich so gut in diese Denkweise einfühlen und sie auch
dementsprechend transportieren konnte.
Natürlich
gab es auch einen Erstkontakt mit einer neuen intelligenten Spezies, und
Linguisten würden mit Neid auf die Technologie der Menschen blicken, die es
ihnen ermöglichte, innerhalb kürzester Zeit die Sprache der neuen Lebensform zu
dekodieren und eine Kommunikation zwischen beiden Seiten zu ermöglichen; wobei zugegeben
das Szenario des Erstkontakts aus dem Film »Arrival« zum einen eindrucksvoller
und zum anderen doch näher an einer möglichen Realität war.
Dennoch,
alles weitere war doch sehr interessant dargestellt. Die Botschafterin der Menschen
vermeidet beispielsweise bestimmte Mimiken, da diese als Bedrohung angesehen
werden könnten. Auch werden im weiteren Verlauf verschiedene Auswirkungen
dieses Erstkontakts erläutert, da die Menschheit beschließt, für eine Weile in
der Nähe des bewohnten Planeten zu verweilen, um ihre Vorräte aufzufüllen und
Handel zu treiben.
Leider
liegen genau da ein paar der Schwächen des Buches. Der Erstkontakt verläuft
erwartungsgemäß nicht ganz reibungslos. Davon sieht man aber lange nichts. Es
werden zwar immer wieder Unruhen auf dem Planeten erwähnt, die von der Ankunft
der Menschen ausgelöst wurden, aber viel sieht man davon nicht, bis die ganze
Situation zu kippen droht und menschliche Geiseln genommen werden. Das ist ein
wenig schade, weil das das ganze Szenario des Erstkontakts, und immerhin sind
hier einmal die Menschen die Aliens, doch wesentlich lebhafter ausgestaltet hätte.
Dasselbe
gilt auch für den Feind. Es gibt zwar am Anfang und am Ende des Buches jeweils
einen Feindkontakt, aber so wirklich schlau wird man aus der Situation doch
nicht. Warum genau werden die Menschen von den Giats verfolgt? Ist es wirklich
wegen des Kampfes um Ressourcen? Ist der Weltraum nicht eigentlich weiß Gott
nun wirklich groß genug dafür, um sich aus dem Weg zu gehen, oder läuft es auf
ein ähnliches Kriegsszenario wie im »Ewigen Krieg« von Joe Haldman hinaus:
Krieg, einfach weil Krieg? Leider finde ich in diesem Buch keine wirkliche
Antwort darauf, aber da am Ende des Buches ein paar Dinge offen bleiben, hoffe
ich auf eine Fortsetzung, auch wenn, wie ich das momentan überblicken kann,
keine in Aussicht ist.
Ich muss
ganz ehrlich sagen, dass ich mitunter sehr mit den Charakteren durcheinander
gekommen bin und einige für mich sogar sehr gesichtslos blieben;
zwischenzeitlich dachte ich sogar, Koichy (ein Mann) sei die Mutter der
Hauptprotagonisten Starn und Rila, auch wenn ich da wohl einfach unaufmerksam
gelesen habe. Ein Glossar, wie ich es aus Corvus‘ anderen Büchern gewohnt bin,
wäre hier sehr hilfreich gewesen.
Am
meisten fasziniert mich an der Science Fiction jedoch die technische Seite,
weshalb ich wahrscheinlich auch mit Filmen wie »Arrival« und »Interstellar«
(erstgenannter ist ein hervorragender Film, der zweite sogar mein absoluter
Lieblingsfilm) bedeutend mehr anfangen kann als mit »Star Wars«, »Star Trek«
und Konsorten. Das schlägt sich auch in meinem Literaturgeschmack wieder. »Feuer
der Leere« wird zwar durchaus treffenderweise mit dem »Wüstenplaneten«
verglichen, hat aber auch viele technische und wissenschaftliche Aspekte, die
der Autor sehr passend einbindet und die den Hauptteil meines Interesses auf
sich zogen. Darüber zu lesen, hat mir sehr große Freude bereitet.
Auch
wenn der Roman ein paar kleine Schwächen hat, hat es doch insgesamt sehr viel
Spaß gemacht, ihn zu lesen. Gern sehr viel mehr davon!
Ich
danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar und freue mich sehr auf die Lesung
am Freitag! Robert Corvus wird seinen Roman am 24.3.17 auf der Leipziger
Buchmesse um 11:30 in Halle 2 auf der Leseinsel Fantasy, Stand H410, vorstellen
und ich werde für Leipzig lauscht dabei sein.
Autor: Robert Corvus
Titel: Feuer der Leere
Original: Feuer der Leere
Sprache: Deutsch
Reihe: Nein
Seiten: 495
Originalpreis: 16,99€
Verlag: Piper
Genre: Fantasy
ISBN: 978-3-492-70439-7
Erscheinungsjahr: 2017
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