Vor
Jahren klang die »Kingmaker, Kingbreaker«-Reihe von Karen Miller verlockend. Da
war es in aller Munde. Als es in einem Antiquariat stand, wanderten gleich Band
1 und 2 in meine Tasche. Trotz exzessiven Popcornkonsums während des Lesens kam
ich jedoch nicht über die ersten 350 Seiten des ersten Bandes hinaus, ehe ich
die Lektüre abbrach. Ursache: Gähnende Langeweile.
Asher
ist ein ach so gewöhnlicher Junge vom Land, der, darauf kam ja auch noch
niemand, sein Glück in der großen Stadt versuchen will. Dort rennt er dem
Prinzen über den Weg, wird sofort dicke mit ihm und steigt in rasender
Geschwindigkeit vom stinkenden Kerl vom Land zum Berater des Prinzen auf. Aber
das kommt ja alles nicht von ungefähr, denn es war eine Prophezeiung oder
besser Prophezeiung™, die Asher in die Stadt geführt hat. Denn er ist der
Innocent Mage – was auch immer das heißen mag.
In
der Schule lernt man noch, dass man immer mit dem Positiven anfangen soll. Das
ist hier leider nicht viel. Das Buch hat wirklich einige spannende Ansätze,
leider wird daraus selten etwas gemacht. Die meiste Zeit gibt es großes Gewese
und der Leser wird im Unklaren gelassen. Aber halt, ich wollte mit dem
Positiven anfangen. Also: Die Szene, in der Asher das erste Mal einer
Hinrichtung beiwohnt, hat sehr imponiert. Die Reaktion eines Menschen auf den
gewaltsamen und recht sinnlosen Tod eines jungen Menschen (ein Junge von 16
Jahren wurde wegen illegaler Nachahmung von Magie, obwohl er selbst unmagisch
ist, hingerichtet, weil es das Gesetz des Gottes (?) so verlangt) wird sehr
ausführlich, bildhaft und nachvollziehbar beschrieben. Ich wage zu behaupten,
dass die wenigsten bereits in einer ähnlichen Situation mit ähnlichen Emotionen
waren, aber so, wie es Miller beschreibt, wirkt es sehr glaubhaft.
Aber
zurück zum großen Gewese. Wie bereits erwähnt, werden viele Andeutungen
gemacht. Da ist eine Prophezeiung™, die Asher betrifft, der sie alle retten
soll, weil unser Protagonist sonst keine anderen Motive als die Erfüllung der
Prophezeiung™ kennt, um sie alle zu retten. Jenseits der magischen Barriere
sollen große Gefahren lauern. Der König macht irgendwas mit dem Wetter, ohne
das sie alle krepieren würden. Überhaupt würden sie alle krepieren, wenn dies
und jenes nicht wäre, aber das könnte alles viel cooler sein, wenn der Leser
nicht eiskalt außen vor gelassen wird. Ich weiß nichts! Nach 350 Seiten! Ein
bisschen mehr als »nichts« wäre da schon wünschenswert. Zumal das einige
anscheinend grundlegende Dinge betrifft, Dinge, die der allgemein bekannte
status quo in dieser Welt sind. Es reizt ja schon, mehr darüber zu erfahren,
aber nicht, wenn ich die Aussicht habe, erst nach 700 Seiten Palaver endlich
mal etwas mehr über die Welt zu lernen, das als »spannend« und »cool«
deklariert werden kann.
Das
betrifft übrigens nicht nur das Worldbuilding, sondern auch die Charaktere.
Viele der Charaktere werden nur ungenügend oder gar nicht eingeführt. Nicht
wenige sind auch nach 350 Seiten nur Namen ohne Gesicht. Pappaufsteller also,
scheinbar überflüssige Deko. Und ausgerechnet Asher, der über den Status der
Pappe hinweg ausgearbeitet wurde, hat einige Fehlerchen. Er wird von Anfang an
als bauernschlau dargestellt. Er denkt nach, hinterfragt die Dinge und ist
nicht doof. Aber dennoch nimmt er es sehr leicht hin, dass Prinz Gar von Anfang
an so angetan ist. Kommt ihm das wirklich nur ein ganz klein bisschen spanisch
vor? Ich meine, ein Prinz befreundet sich mit einem Fischerjungen vom Land und
befördert ihn nur wenige Wochen nach Kennlernen in den Rang seines Beraters.
Gut, kann man machen. Mit den entsprechenden Rahmenbedingungen und der
entsprechenden Reaktion Ashers darauf. Letzteres ist nicht wirklich gegeben,
und die Rahmenbedingungen sind auch so eine Sache.
Es
wirkt zunächst, als sei Prinz Gar mit in die Sache mit Prophezeiung™
verwickelt. Im Hintergrund gibt es eine Gruppierung, die an der Verwirklichung
von Prophezeiung™ arbeitet und Asher Gar in die Hände spielt oder zu spielen
scheint. Das wäre eine passende Rahmenbedingung, allerdings wirkt es absolut
nicht glaubhaft, dass Asher seine plötzliche Beförderung nur sehr oberflächlich
hinterfragt und es dann recht schnell hinnimmt. »Ja, er ist halt mein Freund,
weil Prinzen das so machen.« Oder so … Nach dem 350 Seiten bin ich mir
allerdings nicht mehr so sicher, ob Prinz Gar von Prophezeiung™ weiß; wo er da
nun steht, wurde mir leider nicht klar. Wenn er also nicht davon weiß und Asher
aus reinster Nächstenliebe zu sich rief, macht das eigentlich noch weniger Sinn
als der out of Character handelnde Asher.
Zu
dem ganzen kommt hinzu, dass die Autorin anscheinend sehr gerne Dinge
nachträgt. »Ach ja, in dem einen Jahr, das wir mehr oder weniger grob
zusammengefasst haben, war ja noch was. Asher hat sich da spontan in das eine
Mädchen verliebt.« Das ist jetzt nicht so, wie so etwas normalerweise
funktionieren sollte. Normalerweise wäre es schön, wenn der Leser Anteil daran
nehmen darf, wie Asher jetzt nach und nach seine erste Liebe entwickelt. Das
hinterher serviert zu bekommen, ist, als würde man die ganzen leckeren Gewürze
beim Essen weglassen, weil die Grundzutaten auch reichen. Nun ja, nein. Das
schmeckt dann mitunter sehr fad …
Und
zum Schluss kommen noch flache Dialoge oben drauf. Person A denkt über Person
B, dass Person B einige Dinge erfahren sollte, die Person B noch nicht weiß.
Person B kommt hinzu und fragt Person A, ob sie ihm etwas sagen will. Person B
tut ganz unschuldig und beteuert, dass da nichts sei. Solche Dialoge lassen
einen nur genervt aufseufzen, da sie extrem hölzern, gestellt und erzwungen
wirken. Dass Person B mit sich ringt, etwas vor Person A verheimlichen zu
müssen, kann man wesentlich eleganter ausdrücken. Das grenzt schon fast an die
Spiegelszenen (mit denen wir hier verschont wurden, so schlecht ist das Buch
dann doch nicht).
Es
bleibt am Ende der Eindruck, dass das Buch viel besser hätte sein können, würde
sich die Autorin sich nicht ewig in Andeutungen und Geschwurbel verlieren und
den Leser wieder und wieder hinhalten. Das war fast, als würde man einem Hund
das Leckerli unter die Nase halten und es dann wegziehen, als er danach
schnappen will. Das ist nicht schön und macht keinen Spaß. Ich kann mir sehr
gut vorstellen, dass im späteren Verlauf der Duologie noch wirklich tolle
Sachen raus kommen, aber das rechtfertigt nicht den gähnend langweiligen Beginn
der Reihe.
Autor: Karen Miller
Titel: Kingmaker, Kingbreaker: The Innocent Mage
Original: Kingmaker, Kingbreaker: The Innocent Mage
Sprache: Englisch
Reihe: Band 1
Seiten: 642
Originalpreis: 7,99$
Verlag: Orbit
Genre: Fantasy
ISBN: 978-0-316-06780-5
Erscheinungsjahr:
2007
Falls ihr beide Bände erwerben wollt, könnt ihr einen Blick hier hinein werfen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Die Kommentarfunktion auf dem Blog ist abgestellt, um Spam zu vermeiden, aber auch, weil ich all der relativierenden "Ja, aber ...!"-Kommentare müde wurde, die sich mehr und mehr häuften, besonders bei Posts, die keine reinen Rezensionen waren. Ihr könnt mich immer noch über Twitter erreichen.
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.