Denn ich fresse nicht nur Jungfrauen!

Freitag, 31. März 2017

Rezension: The Innocent Mage (Kingmaker, Kingbreaker #1) von Karen Miller

Vor Jahren klang die »Kingmaker, Kingbreaker«-Reihe von Karen Miller verlockend. Da war es in aller Munde. Als es in einem Antiquariat stand, wanderten gleich Band 1 und 2 in meine Tasche. Trotz exzessiven Popcornkonsums während des Lesens kam ich jedoch nicht über die ersten 350 Seiten des ersten Bandes hinaus, ehe ich die Lektüre abbrach. Ursache: Gähnende Langeweile.

Asher ist ein ach so gewöhnlicher Junge vom Land, der, darauf kam ja auch noch niemand, sein Glück in der großen Stadt versuchen will. Dort rennt er dem Prinzen über den Weg, wird sofort dicke mit ihm und steigt in rasender Geschwindigkeit vom stinkenden Kerl vom Land zum Berater des Prinzen auf. Aber das kommt ja alles nicht von ungefähr, denn es war eine Prophezeiung oder besser Prophezeiung™, die Asher in die Stadt geführt hat. Denn er ist der Innocent Mage – was auch immer das heißen mag.



In der Schule lernt man noch, dass man immer mit dem Positiven anfangen soll. Das ist hier leider nicht viel. Das Buch hat wirklich einige spannende Ansätze, leider wird daraus selten etwas gemacht. Die meiste Zeit gibt es großes Gewese und der Leser wird im Unklaren gelassen. Aber halt, ich wollte mit dem Positiven anfangen. Also: Die Szene, in der Asher das erste Mal einer Hinrichtung beiwohnt, hat sehr imponiert. Die Reaktion eines Menschen auf den gewaltsamen und recht sinnlosen Tod eines jungen Menschen (ein Junge von 16 Jahren wurde wegen illegaler Nachahmung von Magie, obwohl er selbst unmagisch ist, hingerichtet, weil es das Gesetz des Gottes (?) so verlangt) wird sehr ausführlich, bildhaft und nachvollziehbar beschrieben. Ich wage zu behaupten, dass die wenigsten bereits in einer ähnlichen Situation mit ähnlichen Emotionen waren, aber so, wie es Miller beschreibt, wirkt es sehr glaubhaft.

Aber zurück zum großen Gewese. Wie bereits erwähnt, werden viele Andeutungen gemacht. Da ist eine Prophezeiung™, die Asher betrifft, der sie alle retten soll, weil unser Protagonist sonst keine anderen Motive als die Erfüllung der Prophezeiung™ kennt, um sie alle zu retten. Jenseits der magischen Barriere sollen große Gefahren lauern. Der König macht irgendwas mit dem Wetter, ohne das sie alle krepieren würden. Überhaupt würden sie alle krepieren, wenn dies und jenes nicht wäre, aber das könnte alles viel cooler sein, wenn der Leser nicht eiskalt außen vor gelassen wird. Ich weiß nichts! Nach 350 Seiten! Ein bisschen mehr als »nichts« wäre da schon wünschenswert. Zumal das einige anscheinend grundlegende Dinge betrifft, Dinge, die der allgemein bekannte status quo in dieser Welt sind. Es reizt ja schon, mehr darüber zu erfahren, aber nicht, wenn ich die Aussicht habe, erst nach 700 Seiten Palaver endlich mal etwas mehr über die Welt zu lernen, das als »spannend« und »cool« deklariert werden kann.

Das betrifft übrigens nicht nur das Worldbuilding, sondern auch die Charaktere. Viele der Charaktere werden nur ungenügend oder gar nicht eingeführt. Nicht wenige sind auch nach 350 Seiten nur Namen ohne Gesicht. Pappaufsteller also, scheinbar überflüssige Deko. Und ausgerechnet Asher, der über den Status der Pappe hinweg ausgearbeitet wurde, hat einige Fehlerchen. Er wird von Anfang an als bauernschlau dargestellt. Er denkt nach, hinterfragt die Dinge und ist nicht doof. Aber dennoch nimmt er es sehr leicht hin, dass Prinz Gar von Anfang an so angetan ist. Kommt ihm das wirklich nur ein ganz klein bisschen spanisch vor? Ich meine, ein Prinz befreundet sich mit einem Fischerjungen vom Land und befördert ihn nur wenige Wochen nach Kennlernen in den Rang seines Beraters. Gut, kann man machen. Mit den entsprechenden Rahmenbedingungen und der entsprechenden Reaktion Ashers darauf. Letzteres ist nicht wirklich gegeben, und die Rahmenbedingungen sind auch so eine Sache.

Es wirkt zunächst, als sei Prinz Gar mit in die Sache mit Prophezeiung™ verwickelt. Im Hintergrund gibt es eine Gruppierung, die an der Verwirklichung von Prophezeiung™ arbeitet und Asher Gar in die Hände spielt oder zu spielen scheint. Das wäre eine passende Rahmenbedingung, allerdings wirkt es absolut nicht glaubhaft, dass Asher seine plötzliche Beförderung nur sehr oberflächlich hinterfragt und es dann recht schnell hinnimmt. »Ja, er ist halt mein Freund, weil Prinzen das so machen.« Oder so … Nach dem 350 Seiten bin ich mir allerdings nicht mehr so sicher, ob Prinz Gar von Prophezeiung™ weiß; wo er da nun steht, wurde mir leider nicht klar. Wenn er also nicht davon weiß und Asher aus reinster Nächstenliebe zu sich rief, macht das eigentlich noch weniger Sinn als der out of Character handelnde Asher.

Zu dem ganzen kommt hinzu, dass die Autorin anscheinend sehr gerne Dinge nachträgt. »Ach ja, in dem einen Jahr, das wir mehr oder weniger grob zusammengefasst haben, war ja noch was. Asher hat sich da spontan in das eine Mädchen verliebt.« Das ist jetzt nicht so, wie so etwas normalerweise funktionieren sollte. Normalerweise wäre es schön, wenn der Leser Anteil daran nehmen darf, wie Asher jetzt nach und nach seine erste Liebe entwickelt. Das hinterher serviert zu bekommen, ist, als würde man die ganzen leckeren Gewürze beim Essen weglassen, weil die Grundzutaten auch reichen. Nun ja, nein. Das schmeckt dann mitunter sehr fad …

Und zum Schluss kommen noch flache Dialoge oben drauf. Person A denkt über Person B, dass Person B einige Dinge erfahren sollte, die Person B noch nicht weiß. Person B kommt hinzu und fragt Person A, ob sie ihm etwas sagen will. Person B tut ganz unschuldig und beteuert, dass da nichts sei. Solche Dialoge lassen einen nur genervt aufseufzen, da sie extrem hölzern, gestellt und erzwungen wirken. Dass Person B mit sich ringt, etwas vor Person A verheimlichen zu müssen, kann man wesentlich eleganter ausdrücken. Das grenzt schon fast an die Spiegelszenen (mit denen wir hier verschont wurden, so schlecht ist das Buch dann doch nicht).

Es bleibt am Ende der Eindruck, dass das Buch viel besser hätte sein können, würde sich die Autorin sich nicht ewig in Andeutungen und Geschwurbel verlieren und den Leser wieder und wieder hinhalten. Das war fast, als würde man einem Hund das Leckerli unter die Nase halten und es dann wegziehen, als er danach schnappen will. Das ist nicht schön und macht keinen Spaß. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass im späteren Verlauf der Duologie noch wirklich tolle Sachen raus kommen, aber das rechtfertigt nicht den gähnend langweiligen Beginn der Reihe.
  

Autor: Karen Miller
Titel: Kingmaker, Kingbreaker: The Innocent Mage
Original: Kingmaker, Kingbreaker: The Innocent Mage
Sprache: Englisch
Reihe: Band 1
Seiten: 642
Originalpreis: 7,99$
Verlag: Orbit
Genre: Fantasy
ISBN: 978-0-316-06780-5
Erscheinungsjahr: 2007


Falls ihr beide Bände erwerben wollt, könnt ihr einen Blick hier hinein werfen.

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